Destiny, Messe
Das 'Nein Sir' von Commander Porter hallte noch im Kopf von Amaro Ex nach. Stühle rücken war zu hören und die einzelnen Personen machten sich auf die Befehle zu befolgen, die sie gerade vom Captain bekommen haben. Amaro blieb sitzen und beobachtete wie Commander Porter seine Einsatzbesprechung am Rand der Messe begann. Sein Blick wanderte über die einzelnen Gesichter im Raum. Nur mit Mühe konnte er das Stimmengewitter in seinem Kopf unterdrücken, als der Captain bekanntgab, dass er ein Telepath sei. Er war ganz froh darüber, dass MacArthur ihn als schwachen Telepathen vorgestellt hat. Dies würde vorerst einmal die Wogen glätten. Tatsache war jedoch, dass nicht einmal er selbst einschätzen konnte wo sein Limit war. Er wusste einfach zu wenig über diese Psioniker Geschichte Bescheid, als dass er es einordnen konnte. Nur eines war für ihn klar, bisher erwies es sich mehr als ein Fluch als ein Segen.
Der Computerexperte blieb reglos auf seinem Stuhl sitzen. Sein Blick wanderte zu MacArthur. Unwillkürlich schoss ihm wieder sein Statement in den Kopf: 'Mr. Ex hat mein Vertrauen. Wer ein Problem damit hat, kann dies gerne später mit mir ausdiskutieren.'
Es war eine Weile her, dass jemand ihm so sehr vertraute. Ganz zu schweigen, dass es auch noch öffentlich ausgesprochen wurde. Normalerweise ging die Hetzjagd recht schnell los, nachdem klar war, dass er anders war als die anderen. Dass sich jemand für ihn einsetzte war zwar nicht neu, aber doch anders wie früher. Es erinnerte ihn an die schöne Zeit, in der Konstantin seine schützende Hand über ihn hielt. Damals allerdings war er noch jung, heute aber wusste er sich seiner Haut zu wehren. Er war kein unbedarftes Kind mehr und wusste seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen. Dies hatten schon viele Leute mit harter Konsequenz erfahren müssen.
Der unscheinbare Mann blickte zu Captain MacArthur und wartete bis dieser sich wieder in seine Richtung bewegte, dann richtete er das Wort an ihn: "Captain, eine Frage hätte ich da mindestens noch zu unserer Mission."
MacArthur blickte sich zu ihm fragend um. Sein Blick schien zu sagen, nur los, frag schon.
"Wann soll es losgehen? Sofort? Brauchen wir eine bestimmte Ausrüstung? Müssen wir vielleicht in das Büro einbrechen? Rechnen Sie mit Widerstand?" brachen die Fragen aus Amaro hervor.
"Naja und vielleicht sollten Sie noch wissen, dass der Marshal und ich uns kennen und er sagen wir mal ein berufliches Interesse an mir hat. Im Augenblick hält er mich für Tod und das ist ganz gut so", fügte der Computerexperte genauso verlegen wie traurig an und starrte dabei auf die polierte Tischplatte des Konferenztisches in dem sich die Gesichter des Captain und der Ärztin widerspiegeln. Beide blicken den Mann vor ihnen auf unterschiedliche Art und Weise an. Amaro war es unmöglich ihnen in die Augen zu sehen, denn dieser letzte Tod hat ihn die Liebe seines Lebens gekostet. Und genau in diesem Moment, tat es so weh als würde ihm jemand das Herz aus der Brust reißen.
MacArthur blickte Amaro noch einen Moment mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Er hatte völlig vergessen, dass Amaro in einem seiner früheren Leben einmal mit MacAllister zu tun gehabt hatte. Nun, letztlich würde dies aber nichts an seinen Plänen ändern.
"Wir werden so schnell wie möglich aufbrechen, der Flug wird lange genug dauern. Nehmen Sie mit, was sie benötigen um gegebenenfalls einem Computersystem ihren Willen aufzwingen zu können. Ich habe nicht vor, auf eine offizielle Einladung zu warten, um nach Beweisen für eine Intrige zu suchen. Oder über was auch immer wir hier gestolpert sind."
"Alles klar", sagte Amaro und stand auf. Er nickte den beiden zu und sprach: "Dann sehen wir uns unten bei der Nighthawk, Captain, Doc, bis gleich."
Beim herausgehen, bekam er Fetzen von der Richtigstellung des Master Sergeant zur Ausbildung der Republik mit. 'Was hatte Maria in Bezug auf Broxter gesagt? Ein perfekter Soldat', versuchte sich Amaro zu erinnern, als er an den anderen vorbeiging und die Messe verließ.
'Das war weit untertrieben', stellte er für sich fest. 'Dieser Mann war paranoid und seine Nerven waren gespannt wie Drahtseile. Nicht einmal in der Messe, schien der Mann sich wirklich zu entspannen. Die Berichte über ihn hatten in einem Punkt nicht gelogen, seine größte Sorge schien die Sicherheit des Captains zu sein und er traute niemandem. In diesem Punkt waren sie sich also einig. Was aber letztendlich bedeutet, wenn ich diesen Gedanken zu Ende führe, dass er mich als potentielle Zeitbombe betrachten muss. Das kann ja heiter werden', wird sich Amaro klar und erreichte mit wenigen Schritten sein Quartier, öffnete es und trat ein.
Amaros Quartier
Hinter dem unscheinbaren Mann schloss sich die Tür. Amaro atmete auf. Endlich wieder allein. Das Bild von Maria auf dem Tisch fiel ihm direkt ins Auge. "Ja, ich weiß", sagte er laut zu dem Bild. "Ich werde die Sache sich entwickeln lassen. Und ja es ist nicht immer alles so wie es auf den ersten Blick scheint. Du hast ja recht, Schatz", fügt er hinzu und öffnet die letzte Tasche.
Der Computerexperte zog eine schwere Lederjacke hervor, die er über die Stuhllehne hing. Anschließend holte er ein Doppel Schulter-Innenhalfter für insgesamt zwei Pistolen und einen Gürtel mit einem integrierten Halfter heraus und legte es über die Jacke. Zu guter Letzt ein Koffer, in dem drei Pistolen gelagert waren und auf der seine geliebten Hardliner-Handschuhe lagen.
Schließlich kleidete er sich um, zuerst die Synthi-Plast Unterkleidung, eine Art lange Unterwäsche. Nichts was mit einer militärischen Panzerung vergleichbar wäre, aber trotz allem etwas das Schutz bot. Darüber zog er eine schwarze Lederhose und ein weißes Hemd von der Edel-Schneiderei Mortimer an. Amaro knöpfte das Hemd bedächtig zu und legte das Schulter-Innenhalfter an.
Die unterschiedlichsten Gedanken rasten durch sein Hirn, während er den Gürtel durch die Hose zog und das Halfter am Rücken festklippte. Es war eine Weile her, dass er sich so auf etwas vorbereitete. Unwillkürlich blickte er seinen linken Arm an und ballte damit eine Faust. 'Es ist schon unglaublich was die Medizin heute leisten kann', dachte er sich. Vor nicht allzu langer Zeit lag er im Strickverband und Teile seines linken Arms mussten regeneriert werden. 'Er ist noch nicht ganz der alte, aber fast', stellte er fest. "Wie gut, dass ich Dich damals getragen hatte", flüsterte der Mann als er die Jacke überzog. Diese Jacke hatte ihm schon mehr als nur einmal sein Leben gerettet. Sie war eine Spezialanfertigung und genau auf ihn und seine Arbeit zugeschnitten. Viele kleine Taschen und mit der besten Panzerung versehen, die es auf dem Markt gab ohne aufzufallen.
Der unscheinbare Mann wendete sich dem Koffer zu, nahm die beiden Gaus-Pistolen und schob sie in die Innenhalfter, die altertümliche Pistole schob er in das Rückenhalfter. Die Halfter lagen so perfekt an, dass die Pistolen erst bei sehr genauem hinsehen erkennbar waren. Zuletzt zog er die Hardliner-Handschuhe über. Sie boten im Ernstfall diskret ein bisschen mehr zusätzliche Schlagkraft. Jeder Handschuh wies eine dünne Schicht Densiplast an den Knöcheln und der Handkante auf, die den Hangschuh letztlich zu einem effektiven Schlagring machte.
Bevor er das Zimmer verlies, warf er sich einen kleinen Beutel mit Spezialwerkzeug über, nahm einige Datendisks an sich und verstaute sie in der Jacke. Kurz bevor er die Türe von außen schloss sprach er nochmal das Bild an: "Ich weiß nicht in welchen Schwierigkeiten, der Marshal steckt, Maria. Aber ich werde versuchen Deinem Vater so gut ich kann zu helfen." Er machte sich zur Waffenkammer im oberen Deck auf, um seine angeforderte Spezialmunition für seine Pistolen zu holen.
♦
Entspannt lehnte sich Amalisa an die kühle Metallwand eines Ganges auf dem Hauptdeck. Eines Ganges vor den Mannschaftsquartieren, genauer gesagt, vor dem Mannschaftsquartier Nummer drei. Sie wartete auf das Erscheinen ihres wissenschaftlichen Mitarbeiters.
Innerlich war sie bei Weitem nicht so entspannt, wie sich sich nach außen hin gab. Erstaunlicherweise waren ihre Bemühungen, nach außen hin Ruhe zu bewahren, diesmal von Erfolg gekrönt. Das war normalerweise nicht gerade ihre Stärke, sie gehörte eher zu der Sorte, deren Gesicht zu lesen war wie ein offenes Buch.
Amaro Ex' pure Existenz verursachte ihr Bauchschmerzen. Der Gedanke, dass er das gleiche Computersystem verwendete wie sie, verursachte ihr Magenkrämpfe. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass selbst ihr ureigenes Computersystem, sollte sie denn eines haben, nicht vor ihm sicher wäre.
Nun, der Captain schien im zu trauen. Zumindest gab er dies vor. Wenn sie also nicht gleich die Atmosphäre an Bord vergiften wollte, musste sie dem Mann vollkommen unvoreingenommen gegenübertreten. So, wie sie es getan hätte, bevor sie von seinen psionischen Fähigkeiten erfahren hatte.
Ihr Blick wanderte an sich herab und heftete sich an ihre Füße, die in Stiefeletten aus geschmeidigem schwarzen Leder steckten. Ansonsten war ihre Bekleidung zwar bequem und nützlich, bestand aber aus qualitativ hochwertigen Stoffen und war eindeutig von einem guten Schneider angefertigt. Ihre am Kragen bestickte Tunika, tailliert geschnitten und dennoch die Bewegungsfreiheit nicht einengend, war eines der Kleidungsstücke, die sie eher für eine Einladung zum Nachmittagstee angezogen hätte denn für einen Einsatz, was auch für die schwarze Hose galt.
Aber zumindest zunächst war der nun folgende Einsatz eine Art offizieller Besuch, wenn sie den Captain richtig verstanden hatte. Was noch daraus werden würde, wusste allein die Zukunft.
Eine Jacke, scheinbar aus bestem Leder, hing über ihre Schultern. Deuce hatte sie ihr geschenkt, als bekannt wurde, dass sie zur Destiny befördert worden war. "Falls Du mal in kritische Situationen kommst, Schwesterchen", hatte er mit einem Lächeln in den Augen gesagt, als er ihr sein Präsent überreichte. Amalisa erinnerte sich an ihre Überraschung, als sie erkannte, dass die scheinbare Lederjacke eine Art kugelsichere Weste war. Schweres Gerät würde sie nicht abhalten können, aber wenn sie als Wissenschaftlerin - und Diplomatin (ihr Gesicht verzog sich bei diesem Gedanken zu einem mehr als schiefen Grinsen) - in eine solche Situation kommen sollte, war sowieso verdammt viel schief gegangen...
Gedankenvoll spielte ihre Hand mit dem langen Zopf aus dickem schwarzen Haar, der wie meist über ihre linke Schulter hing, als sich die Tür zu Ex' Quartier öffnete, der Mann heraustrat und sich sogleich in Bewegung setzte. Wie von ihr beabsichtigt, hatte er sie nicht gesehen. Offensichtlich hatte er auch niemanden erwartet, denn sie stellte sich vor, dass er ansonsten hätte wahrnehmen können, dass sie sich in seiner Nähe befand.
"Mr. Ex", mit diesen Worten setzte sich Amalisa in Bewegung und sie schloss mit wenigen Schritten zu dem Mann auf. "Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns gemeinsam auf den Weg zum Captain machen?"
Der angesprochene Amaro Ex zuckte erschrocken zusammen. Er war so darauf fixiert, die Ausrüstung zu vervollständigen, dass er nicht damit gerechnet hatte jemanden auf dem Korridor zu treffen. Etwas, das bei dem kleinen Schiff selbstverständlich war. Und dann war die Person, die ihn ansprach auch noch seine Vorgesetzte. Es war Zeit sich ordentlich vorzustellen.
Amaro drehte sich zu der Frauenstimme um und sagte: "Doktor Bryne, was für ein erfreulicher Zufall sie hier auf dem Weg zu treffen", während seine Augen die angesprochene von oben nach unten musterten. Er registrierte die elegant, praktische Kleidung, wie auch das dazugehörige Farbenspiel. Diese Frau wusste sich genau in Szene zu setzen und ihren Vorteil daraus zu ziehen, wenn notwendig.
Bei sich dachte er: 'Wow, wie elegant und was für eine Ausstrahlung. Das ist eine Frau, die gerne alles im Griff hat. Die Gespräche mit ihr werden mit Sicherheit interessant werden. Ob ich da sprachlich auch nur ansatzweise mithalten kann?', fragte er sich.
'Na dann wollen wir mal einen guten Eindruck machen', und grinst verschmitzt und sprach weiter:"Es wäre mir eine Freude, sie zu begleiten."
Doch statt sich zu bewegen, blieb er reglos stehen. Amalisa beobachtete den Mann vor ihr aufmerksam. Es schien als würde er mit sich ringen noch etwas sagen zu wollen. Statt aber nachzufragen, entschied sie sich einfach abzuwarten und dem Mann die Chance zu geben, seine nächsten Satz zu formulieren.
Amaro atmete tief durch und sprach weiter: "Bitte entschuldigen Sie, dass ich mich noch nicht bei Ihnen ordnungsgemäß vorgestellt hatte. Aber die Umstände zwangen mich ohne Umschweife an die Arbeit zu gehen", entschuldigte er sich bei Ihr und verbeugte sich leicht höflich vor ihr. Er wusste sehr wohl, dass er sich bei seiner Vorgesetzten hätte melden sollen, sobald er an Bord war. Zudem war sie außerdem noch die Bordärztin und war als Diplomatin auf dem Schiff. Das bedeutete, dass sie in manchen Bereichen, selbst dem Captain weisungsbefugt war.
Beiläufig erinnerte Amaro sich wieder daran, dass er mit eben jener Ärztin offen über seine Fähigkeit reden wollte, da er dringend Unterstützung benötigte, wenn er die Aufgabe der Kontrolle seiner Psi-Fähigkeiten meistern wollte. Letztendlich wollte er niemanden verletzten. Aber ihm war klar, dass er sich eventuell Hilfe oder Verbündete suchen musste. Am besten wäre aber eine fachkundige Hilfe. Vielleicht würde sich ja bald eine Möglichkeit für ein vertrauliches Gespräch ergeben, aber im Augenblick gab es wichtigeres.
"Gestatten Sie uns einen kleinen Umweg über die Waffenkammer zu machen. Ich hoffe zwar nicht, dass ich die Sachen, die ich dort mitnehmen möchte benötige, aber sicher ist sicher. Wir wollen ja wieder alle Gesund und Munter mit allen benötigten Informationen heimkehren", erklärte er seiner Vorgesetzten und lächelt sie freundlich mit einem fragenden Blick an.
Amalisa zuckte leicht mit den Achseln. "Selbstverständlich können wir auch einen Umweg über die Waffenkammer machen, wenn Ihnen das so am Herzen liegt. Ich verstand den Captain zwar so, daß unser Teil der Mission das nicht unbedingt erfordere, aber wenn Sie meinen...", sie ließ die Worte in der Luft verhallen, während sie sich wieder in Bewegung setzte und als selbstverständlich annahm, daß Ex ihr folgte.
Sie brachte es sogar fertig, nur sekundenlang daran zu denken, daß sie ein exzellentes Wurfmesser im Stiefel stecken hatte. Das brauchte niemand zu erfahren, tat es doch für Notfälle gute Dienste, weil niemand damit rechnete, daß sie - eine Ärztin! - eine Waffe bei sich trug. Aber immerhin mußte man mit einem Messer ja nicht zwingend töten - bei guten anatomischen Gesamtkenntnissen konnte man einen Gegner damit auch schachmatt setzen, ohne ihn zu töten. Und diese Kenntnisse besaß sie eindeutig.
Ansonsten besaß sie etwas, mit dem ebenfalls niemand rechnete. Nicht bei einer Frau, die eher einen Hauch zu mollig denn durchtrainiert wirkte: Ihren Körper und ihre Hände. Und eine alte asiatische Kampftechnik.
Amaro Ex hatte zu ihr aufgeschlossen, aber er wirkte irgendwie seltsam abwesend, außerdem schien er nicht auf ein Gespräch erpicht zu sein. Amalisa fühlte, wie ganz langsam Ärger in ihr zu brodeln begann, den sie jedoch noch ziemlich gut in seinen Schranken halten konnte. Ob der Kerl immer so schweigsam und abweisend war?! Dann würde die Zusammenarbeit mit ihm wahrlich ... interessant werden. Jedenfalls würde man dann feststellen können, wie weit es tatsächlich mit seinen telepathischen Fähigkeiten war. Dann nämlich, wenn ihm ein Reagenzglas um die Ohren segelte oder was auch immer Amalisa würde erwischen können.
'Halt!', rief sie sich innerlich zu Ordnung und ein schneller Seitenblick zeigte ihr, dass Ex anscheinend momentan keine telepathische Verbindung zu ihr aufgebaut hatte. Der Gedanke an die fliegenden Reagenzgläser hätte doch sonst sicherlich _irgend_eine Reaktion hervorgerufen.
'Sei kein Dummkopf, Bryne', schalt sich die Wissenschaftlerin. 'Gib dem Knaben eine Chance, bevor Du ihn in eine Schublade steckst.'
Schweigend gingen die beiden also weiter.
Amalisa verhielt ihren Schritt und gestikulierte in Richtung der Tür. "Hier wären wir, Mr. Ex, nach Ihnen", eine leicht ironische Verbeugung scheuchte den Mann quasi in Richtung der Tür. Sie gedachte erst nach ihm einzutreten - zumal sie gerade eben den Captain entdeckt hatte, der ebenfalls in Richtung der Waffenkammer schritt.
Amaro hielt an. Irritiert blickte er zu Doktor Bryne vor ihm. An ihrer Körperhaltung und auch der leicht spöttische Verbeugung konnte er erkennen, dass er die Frau offensichtlich etwas verärgert hatte. Seltsamerweise verstand er nicht wie er das getan haben könnte. Schließlich war er sehr höflich gewesen, sich sogar entschuldigt für das verspätete melden und er hatte es geschafft nicht einen einzigen Gedankenfetzen von ihr aufzunehmen. Und das war alles andere als einfach. Diese Frau war im höchsten Maße interessant. Und im Augenblick war die Versuchung immens, denn Schild fallen zu lassen und zu hören was ihr im Kopf herumgehen könnte.
Er schüttelte den Kopf, um sich zu anderen Gedanken zu zwingen. Das war nicht recht und auch gegen das was er mit dem Captain vereinbart hatte und letzterem wollte er gerecht werden. Darum antwortete er lächelnd: "Danke Dr. Bryne, das ist sehr zuvorkommend von Ihnen. Doch eigentlich müsste ich sie, der Etikette wegen, vorangehen lassen. Es sei denn in diesem Raum würde uns Gefahr drohen. Dann könnte ich das nicht vor mir verantworten."
Der unscheinbare Mann machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach: "Vermutlich wird der Master Sergeant in der Kammer sein. Ich glaube nicht, dass er erfreut sein wird, wenn er meine Bewaffnung sieht", sagte er in einem doppeldeutigen Unterton mit einem schelmischen Grinsen.
Dann drehte er der Tür halb den Rücken zu und deutete in Richtung des Captain und ergänzte: "Vielleicht sollten wir auf den Captain warten, bevor wir uns in die Höhle des Löwen wagen. Ehrlich gesagt habe ich vor Master Sergeant Broxter gehörigen Respekt. Ich glaube er ist sehr unglücklich darüber, dass ich an Bord bin. Er wäre der Typ der mich wohl am liebsten in die Luftschleuse setzen würde", mutmaßte Amaro weiter.
Währenddessen in der Waffenkammer
Sorgfältig inspizierte Nate die Kampfanzüge seiner Marines. Sie hatten schon oft den Ernstfall simuliert und der Master Seargent hatte sein Team durch jede ihm zur Verfügung stehende Hölle geschickt. Dennoch war der erste reale Einsatz etwas Besonderes. Ein eiskalter Schauer lief über Broxters Rücken als er an sein letztes Team dachte. Sie waren die Besten gewesen, sinnlos gestorben als Kollateralschäden. Er hatte nicht vor dies wieder zu erleben und daher nahm er sich die Zeit die Anzüge der Neulinge zu überprüfen. Das hätte seinem alten Team zwar auch nichts genutzt, aber Nathaniel versuchte die Anzahl tödlichen Variablen in dieser Gleichung so gut er konnte zu minimieren.
Voll ausgestattet sahen die Marines eher wie massive Roboter aus, allerdings mit einer erstaunlichen Agilität die der zugrunde liegenden Technik zu verdanken war. Diese ermöglichte dem Einsatzteam auch schwerere Waffen wie einen Raketenwerfer zu tragen, als ob es ein leichtes Sportgewehr wäre. Der Umgang musste natürlich gelernt sein, aber das hatten sie. Zufrieden blickte Nate die drei stramm stehenden Marines an.
Seargent Clifford Roberts, kurz Gunner genannt, war sein Stellvertreter und auch wenn er nicht sein Wunschkandidat sondern der der Admiräle gewesen war, war er sich seines Pflichtbewusstseins sicher. Solange der Captain und er nichts gegen die Interessen der Republik unternehmen würden, würde der glatzköpfige, stämmige Mann mit der wettergegerbten Haut funktionieren. Ruhig lag das schwere Maschinengewehr in der Hand des Experten für Sprengstoff und schwere Waffen im Team, als ob es die natürliche Verlängerung seines Körpers wäre.
Nathaniel blickte von Gunner zu Corporal First Class Jennifer "Phoenix" Clarence. Die junge Frau war außerhalb des Kampfanzuges ein wahrer Blickfang und ihr in der Sonne glänzendes rotes Haar hatte zu manch einem Rekruten mit gebrochenem Herzen geführt. Ihr schlanker Körperbau täuschte über ihre wahre Stärke hinweg, was widerum bei manchem übereifrigen Verehrer auch zu anderen Brüchen geführt haben soll. Sie war die Scharfschützin ihm Team und zusätzlich für die medizinische Erstversorgung zuständig. Nate hatte es mit jedem Stresstest versucht, aber ihre ruhige Hand war einfach nicht zum Zittern zu bewegen.
Anders sah es dabei hingegen bei dem Kommunikations- und Technik- Experten des Teams aus. Der Marine First Class Marvin Silver hatte seinen Spitznamen "Greenhorn" nicht zu unrecht. Viele hatten sich über dessen Aufnahme in das Team der Destiny gewundert, aber der Broxter war sich seiner Sache sicher. Die Fähigkeiten auf seinem Spezialgebiet waren außerordentlich, zudem hatte er trotz seines schlacksigen Körperbaus die körperlichen Eignungstests sehr gut bewältigt. Während Gunner und Phoenix schon einmal echte Einsätze hinter sich gebracht hatten, musste Silver noch durch sein erstes Feuer gehen. Auch wenn er die besagten Stresstests nicht ganz so gut bestanden hatte, hörte Nate auf seinen Instinkt. Dieser besagte, dass aus dem Greenhorn ein waschechter Marine werden würde.
Nun da sein Team überprüft war, kontrollierte der Master Seargent seine eigene Ausrüstung. Seine olivgrüne Cargohose wie auch seine schwarze Lederjacke waren mit unauffälliger eingewebter Panzerung versehen. Zwar war diese nicht ganz so gut wie in seiner Imperiumsjacke, aber diese wäre zu auffällig gewesen. So war seine Kleidung auf jeden Fall unauffällig genug für das zu infiltrierende Milieu, um nicht zu sagen angemessen. Auch wenn Nate eine umfassende Ausbildung zu Undercovereinsätzen genossen hatte, waren seine Ausstrahlung und vor allem sein beeindruckender Köperbau immer ein Hindernis. Allerdings war er auch kein Geheimdienstagent. Kurz blickte er zu Phoenix. Er musste mit dem Captain reden, ob er die Erlaubnis bekam dem Corporal eine entsprechende Ausbildung zukommen zu lassen. Ihre natürliche Erscheinung machten sie zu einem perfekten Kandidaten. Und wer wusste schon wie oft Porter auf die Idee von verdeckten Einsätzen kam.
Es war die Pflicht eines jeden Master Seargents blauäugige Lieutenants und Commander vor Fehlern zu bewahren. Leider hörten Offiziere oft viel lieber sich selber reden, als ihren Untergebenen zuzuhören. In dem vorliegenden Fall hatte es einen halbwegs akzeptablen Kompromiss gegeben, aber Nate war alles andere als glücklich. Die zwei schweren Handfeuerwaffen, die er in der Jacke und die Messer in den Stiefelschächten waren eine gute Bewaffnung für eine Kneipentour. Aber wer wusste schon was auf sie zukam.
Nate richtete sich jetzt zu seiner vollen Größe auf und überragte damit fast seine Marines in ihren Kampfanzügen. Durch seine gepanzerte Lederjacke die seiner natürlichen Schulterbreite noch zusätzliche Masse verlieh war er ebenso breit. Fest fixierte er einen nach dem anderen durch die Visiere ihrer Helme. "Ihr seid die Elite des Militärs von Nowell und ihr dient unter einem der besten Captains die das Imperium je hervorgebracht hat. Ihr habt eure Qualifikaton für die Uniform die ihr tragt unter Beweis gestellt, aber ab hier und jetzt geht es um mehr. Heute ist eure Feuertaufe, euer erster richtiger Einsatz als Marine-Squad der Destiny. Ist diese Prüfung bestanden, habt ihr euch das hier verdient."
Mit zwei Fingern hob Nate gut sichtbar ein Bierdeckel großes Stoffabzeichen hoch. Mit schwarzen Rand auf blauem Grund war ein weißer Blitz zu sehen, zusammen mit dem Schriftzug 'Nowells Pride'. "Dies ist nur der erste kleine Schritt auf dem Weg zu einer uns unbekannten Galaxie. Ihr repräsentiert das Beste was Nowell zu bieten hat und das müsst ihr nun zeigen. Ihr müsst es euch selber beweisen, erst dann könnt ihr dieses Abzeichen, das Einheitenzeichen unseres Squads, mit erhobenen Haupt tragen."
Ernst blickte der Master Seargent in die entschlossenen Gesichter seiner Marines. Er nahm das Abzeichen und drei weitere und legte sie gut sichtbar in ein Regal. Langsam ging Nate auf und ab, den Blick weiter abwechselnd die Augen drei Gepanzerten suchend. "Es geht um die Wiederbeschaffung von Ausrüstung die für unsere Mission und unser Leben da draußen zwingend erforderlich sind. Ich werde zusammen mit den Offizieren den Schwarzmarkt infiltrieren. Sie halten sich im Hintergrund und beziehen ihre Positionen. Sobald ich das Signal gebe, bewegen Sie sich unverzüglich zu meiner Position vor. Falls keine anderen Anweisungen erteilt werden gilt das Credo der maximalen Effizienz, haben Sie mich verstanden?"
Ein einstimmiges "Aye, aye Sir." antwortete Broxter, was ihm ein zufriedenes Nicken entlockte. "Ich habe alle relevanten Details über die Mission und die zu erwartende Umgebung wie auch einen Stadtplan mit taktischen Anmerkungen in der Pinasse für Sie zurecht gelegt. Leider ist Zeit ein sehr kritischen Thema daher entfällt ein ausführliches Briefing, Fragen werden auf dem Flug geklärt.", ruhig kam Broxter wieder zum stehen und blickte bei seinen letzten Worten noch einmal in die Augen seines Teams, die sich hinter ihm öffnende Tür entgegen aller seiner Instinkte ignorierend.
"Wir sind Marines. Wir dienen unserem Volk mit unserem Leben. Dies ist unsere Aufgabe. Wir werden alle sterben. Sorgen Sie dafür, dass Sie die Letzten sind... Abtreten."
Einige Momente zuvor hatte sie den Raum betreten, genau in dem Augenblick in dem Broxter seine Rede begonnen hatte. Zuerst war sie mitten im Schritt erstarrt, dann hatte sie sich still an die Wand neben der Tür gelehnt und gewartet bis der Seargent mit seinem Vortrag geendet hatte. Als sie noch auf Kirgis stationiert war, hatte sie sich bei diversen Trainingseinheiten den dortigen Marines angeschlossen und hatte im Laufe der Jahre den Teamgeist und die Moral der Kämpfer zu schätzen gelernt. Nicht dass es so etwas bei der Navy nicht auch geben würde, aber es gab der Kameradschaft noch einmal eine viel größere Bedeutung, wenn man sich gegenseitig aus wirklich jedem Schlammloch half. Sowohl sinnbildlich als auch physikalisch.
"Gut gesprochen Master Sergeant ...", machte sie sich nun bemerkbar und ging auf den hochgewachsenen Offizier zu, während sich die anderen Marines entfernten. Während sie ihren mitgebrachten Rucksack auf den Tisch für die Waffenausgabe legte, beobachtete Sie den hochgewachsenen Mann für einen Moment aus den Augenwinkeln. Dann hob sie den Blick und lächelte Broxter mit einem förmlichen und höflichen Lächeln an.
Nates erwidernder Blick war hingegen alles andere als freundlich. Neben seiner natürlichen angespannten Haltung presste er nun seine Kiefer zusammen, um keinen Ton zu verlieren. Was genau bildete sich die Frau vor ihm ein ihn zu beurteilen? Und das auch noch in theoretischer Hörweiter seiner Untergebenen? Er hatte schon Marines in die Schlacht geführt, da wurde noch nicht einmal an ihre Eltern gedacht. Die Augen Broxters fixierten die seines Gegenübers mit Argwohn. Der Captain hatte sie ausgewählt, weil er der Meinung war, dass sie über das nötige Wissen und die technische Intuition verfügte um auch in Krisensituationen die Destiny zusammen zu halten zu können. In den Augen Broxters war hingegen jeder Schrauber nur ein unnötiges Sicherheitsrisiko, die auf ihrer Station bleiben und das reparieren sollten was er wieder mitbrachte.
Broxter atmete einmal hörbar aus, bevor er sich zu einem "Commander." und einem damit verbundenen Nicken durchringen konnte. Während das letzte Mitglied seines Teams die Waffenkammer verlassen hatte, wandte sich Nate wieder um und holte aus dem Regal eine der Standard Handfeuerwaffen heraus. Diese waren ein guter Kompromiss zwischen Rückstoss und Durchschlagskraft, gesetz dem Falle man konnte damit umgehen. Azare war immerhin ein Mitglied der Navy, auch wenn sie keinerlei nennenswerte Kamperfahrung hatte. Aber es war ein beruhigendes Gefühl, dass er dank seiner gepanzerten Jacke außerhalb der Nahschussreichweite von einem Querschläger Kays höchstwahrscheinlich nicht umgebracht würde.
"Bitte Commander, wenn Sie quittieren würden.", legte der Master Seargent ihr die Waffe inklusive zweier Reservemagazine hin und schob ihr ein Klemmbrett mit einem Kugelschreiber zu, auf dem er die Ausgabe notiert hatte.
Der eiserne und unnahmbare Ruf des Seargent war für Kay natürlich keine Neuigkeit, dennoch war sie etwas entäuscht darüber zu erfahren, dass die Realität in diesem Fall leider jeder Beschreibung spottete. Sie hatte das Zucken der Kiefermuskulaur ihres Gegenüberers durchaus bemerkt, obgleich sie nicht wirklich nachvollziehen konnte, warum sich der Marine so extrem verspannte. Sie hatte ihm schließlich nichts getan.
Aber gut - wenn er so wollte, dann konnte sie ihre Kommunikation auch auf eiszeitlichen Minimalismus beschrenken - sie musste ja nicht nett sein.
Ohne eine Mine zu verziehen und ebenso höflich wie vorhin, aber durchaus seinem kühlen Ton angepasst bedankte sich Kay förmlich, nahm Waffe und Magazine entgegen, pürfte sie und zeichnete dann das Dokument gegen.
Broxters kalter Blick schnitt sich dabei - gefühlt - förmlich durch ihr Antlitz doch sie hütete sich davor sich davon aus der Ruhe bringen zu lassen. Wortlos und die Ruhe selbst verstaute sie Pistole und Magazine an den dafür vorgesehen Stellen an ihrem Gürtel.
"Master Seargent." Ein ebenso knappes Nicken, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und warf sich im Hinausgehen den Rucksack wieder auf den Rücken.
Stumm blickte Broxter der Frau hinterher. Zufrieden hatte er festgestellt, dass Sie die Waffe prüfte, bevor Sie sie angenommen hatte. Der professionelle Umgang mit eienr Schusswaffe erhöhte in den Augen des Unteroffiziers die Wahrscheinlichkeit eines nicht fatalen Ausgang der Mission erheblich. Mit einem Seitenblick auf die Uhr stellt er zufrieden fest das er noch genügend Zeit hatte für einen allgemeinen Check, bevor er zur Nighthawk musste.
Zu der Waffenkammer selber hatte, außer dem Captain natürlich, nur der ranghöchste Unteroffizier dauerhaft einen Schlüssel. Das Marine Squad sollte schließlich nicht mit herunter gelassenen Hosen erwischt werden, falls es schnell Ausrüstung benötigte. Für die Waffenausgabe selber war hingegen meist der Offizier vom Dienst zuständig, der ebenfalls einen Schlüssel besaß. Mit zugekniffenen Augen blickte Broxter auf die Liste und sah das der Pilot und Astrogator der Destiny, Lieutenant Johan Novak bei der Ausgabe zum letzten Schusstraining Dienst gehabt hatte. Nach seiner Rückkehr musste er mit diesem dringend reden.
Sehr zum Missmut des Master Seargents waren drei der Gewehre nicht richtig ausgerichtet gewesen, so dass sie bei Beschuss aus der Halterung hätten fallen können. Einer der Schränke war zudem nicht richtig geschlossen und überdies hatte die Inventurliste nicht auf ihrem dafür vorgesehenen Platz gelegen. Aus Broxters Sicht waren solche Fehler zwar verzeihlich, aber nicht entschuldbar. Aber sie würden es schon lernen. Dafür war er schließlich da.
Nun nutzte Broxter die Zeit um die Missstände zu beheben und kontrollierte dabei noch einmal alle Halterungen. Wer wusste schon wobei Novak noch geschlampt hatte.
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'.... wäre der Typ der mich wohl am liebsten in die Luftschleuse setzen würde.'
Und wieder bekam Kay unfreiwillig die letzten Worte einer anderen Person mit, als sie gerade hinaus auf den Gang trat - dieses mal die von Amaro Ex. Um mit dem jungen Mann nicht zusammen zu stoßen stoppte sie abrupt und legte sich ein förmliches Lächeln aufs Gesicht, während sie eine Schritt zur Seite trat, damit sich die Tür hinter ihr schließen konnte.
Für den Bruchteil einer Sekunde wollte sie sich schon ihrer Neugierde hingeben und den Mann fragen über welchen Typen er gerade gesprochen hatte, doch sie biss sich innerlich auf die Zunge.
"Mr Ex, Mrs Bryne.", grüßte sie die beiden Zivilisten statt dessen freundlich mit einem Nicken. "Tut mir leid, ich wollte Sie nicht über den Haufen rennen."
Ihr Blick prüfte den Psioniker genau, denn auch wenn sie Ex gegenüber unvoreingenommen sein wollte, konnte sie sich nicht gegen ein gewisses Unwohlsein wehren, dass sie schon vorhin bei der Konferenz befallen hatte. Immerhin schien Amalisa Bryne halbwegs entspannt in seiner Anwesenheit zu sein, was die Luftschleuse als Problemendlösung erst einmal in die Ferne rücke. Innerlich schmunzelte Kay allerdings darüber, dass sie ausgerechnete durch Ex Worte selbst gerade auf diese Idee gestoßen worden war.
"Nachdem Sie ja wohl kaum ahnen konnten, daß wir hier vor der Türe stehen, gibt es auch nichts zu entschuldigen, Miss Azare", antwortete Amalisa freundlich, wobei sie eine minimale Betonung auf das Wort 'Miss' legte. Sie ging nicht davon aus, daß der Technikerin aufgefallen war, daß sie sie falsch angesprochen hatte. So wichtig war das Ganze ja nun auch wieder nicht, aber irgendwie konnte sie sich diese leichte Spitze nicht verkneifen.
"Mr. Ex ist der Ansicht, er brauche noch ein wenig Unterstützung aus der Waffenkammer", aus den Augenwinkeln erkannte sie, dass der Captain bald heran sein würde, "wer ist denn drin und gibt die Sachen aus? Broxter?"
Für einen Moment, vielleicht etwas zu lange um den Moment als kreative Pause zu betrachten, lies Kay ihren Blick auch auf der Diplomatin ruhen und versuchte sie einzuschätzen. Grundsätzlich erwartete sie von Zivilisten nicht, mit ihrem Rang angesprochen zu werden, doch da war etwas in ihrer Stimme, das die Ingenieurin aufmerksam werden lies.
"Ja, Sergeant Broxter ist gerade hier.", antwortete sie. Irgendwie bedauertete sie es ein wenig nicht einige Minuten später in die Waffenkammer gekommen zu sein um zu sehen ob Broxter den Zivilisten ebenfalls so nüchtern und kalt gegenüber treten würde wie ihr. Nicht, dass es Schadenfreude wäre, aber es würde ihr sicher helfen den Eisklotz ein bisschen besser einzuschätzen.
Noch bevor Amalisa zu einer Antwort ansetzten konnte, bog der Captain um die Ecke und kam damit in Hörreichweite und gesellte sich zu ihnen.
Das dumpfe Donnern einer sich schließenden Schleuse rollte durch das geschäftige Treiben auf dem Hangardeck während MacArthur die anderen mit einem knappen Nicken begrüßte. Soeben war wohl die Überwachungsdrohne ausgeschleust worden. Alles lief also nach Plan.
Mit einem zufriedenen Lächeln wandte er sich an seine Einsatzgruppe: "Mrs. Bryne, Mr. Ex, unser Air Raft steht bereit, wir sollten aufbrechen, die Zeit ist knapp. Sind Sie beide bereit zum Aufbruch?"
Amaro nickte ebenfalls. Er übersah willentlich die feine Spitze von Doktor Bryne. Es schien ihm als sei sie anderer Meinung als er, was diese Mission anging. Das war ihm völlig unverständlich, aber er tat als Unerfahrenheit ihrerseits ab. Zumindest was das Einbrechen und stehlen von Daten in einem Hochsicherheitsbereich anbelangte. Und genau das hatten sie vor, wenn er alles richtig gedeutet hatte. Selbst wenn man den Schlüssel für die erste Tür hatte. Es kamen noch genügend geschlossene.
Zum Captain zugewandt bestätigte er: "Das ist korrekt. Ich würde gerne unterschiedliche Munitionsarten mitnehmen. Von der panzerbrechenden, explosiven bis zur betäubenden. Nur um sicher zu gehen, dass wir da auch heil wieder herauskommen. Wenn sie vorausgehen wollen? Ich denke sie sind aus demselben Grund hier", führte Amaro noch an und machte für den Captain Platz, damit er die Waffenkammer als erster betreten konnte.
Während die Vier nun durch die Tür der Waffenkammer verschwanden, murmelte Kay noch ein höfliches "Bis später.", dann wandte sie sich ab und machte sich schmunzelnd auf den Weg zum Oberdeck.
Zu gerne hätte sie nun bei dem folgenden Gespräch Mäuschen gespielt um zu erfahren, wie Broxter auf Amaros Anfrage reagieren würde. Vorallem nachdem sie gesehen hatte wie sein Team vorhin bis an die Zähne bewaffnet den Raum verlassen hatte - warscheinlich wäre es sinnvoller eine dieser Marines im Team des Captains mit zu nehmen ...
Gut - aber das war auch nicht ihre Entscheidung.
♦
Ein wenig irritiert blickte MacArthur Amaro an. Welchen Krieg wollte dieser beginnen? Schnell wurde ihm klar, dass er damit hätte rechnen müssen, beachtete man die doch sehr turbulente Geschichte dieses Mannes. Schnell fing der Captain sich wieder und fand zu seiner alten Ruhe zurück.
"Mr. Ex, ich bin mir nicht sicher, was Sie vorhaben oder ob Sie jemals in einem Hochsicherheitsgelände waren. Wir werden dort nicht mit der Kavallerie einlaufen. Hätte ich dies vor, wären wir mit der Destiny auf dem Paradeplatz gelandet und hätten uns nicht mit einem Air/Raft zufrieden gegeben.
Sie werden keinerlei Waffen mitnehmen, ebensowenig Ms. Bryne. Und bevor Sie mir jetzt mit Risiken und Unabwägbarkeiten kommen, kann ich sie beruhigen, denen bin ich mir völlig bewusst. Ich habe mehr als genug Kommandounternehmen mitgemacht..."
MacArthur hielt kurz inne, atmete einmal tief, ehe er fortfuhr: "Als Zivilist haben Sie keinerlei Befugnis, eine Feuerwaffe mit in das Hauptquartier zu nehmen. Die Sicherheitsmaßnahmen sind sehr hoch. Sollten Sie es trotzdem versuchen, werden Sie unsere Mission bereits zum Scheitern verurteilen, noch ehe wir die Türschwelle überschritten haben."
Er blickte zu Amalisa Bryne hinüber und musterte Sie. Sein Blick blieb bei ihren Stiefeln hängen, bei denen sein durch die langen Kriegsjahre geschärfter Instinkt anschlug: "Das gilt ebenfalls für Messer. Ich würde Sie beide daher bitten, alle Waffen wieder zu ihren Akten zu bringen. Der einzige, der hier legal eine Waffe mitnehmen kann, bin ich. Alle anderen Handfeuerwaffen, insbesondere die privaten, gehören in die Waffenkammer. Auf meinem Schiff gibt es keine Waffen in den Quartieren, dies wäre viel zu gefährlich."
Amaro blickte den Captain auf eine unergründliche Art und Weise an. Es war, als würde er über das Nachdenken was MacArthur gerade zu ihm gesagt hatte. Dann verzogen sich seine Lippen zu einem Grinsen und er kicherte leise vor sich hin.
"Wie sie wünschen, Captain. Sie sind der Boss", bestätigte er dem Offizier und wand sich dem Master Sergeant zu. Mit wenigen Schritten war er bei ihm. Seine Hände griffen in einer fließenden Bewegung zu seinen beiden Waffen in ihren Holstern und zogen sie ohne ein Geräusch hervor. Sanft legte er die beiden Gaus-Pistolen auf den Ausgabetresen. "Bitte gehen Sie vorsichtig mit meinen Lieblingen um, Master Sergeant. Ich hoffe ich werde es nicht bereuen sie hier zu lagern", ergänzte er mit einem kleinen Seitenhieb auf die Aussage des Captains. Der rechte Arm des Computerexperten griff hinter seinen Rücken und zog eine altertümliche Pistole aus dem dort versteckten Halfter. "Ganz besonders auf diese hier. Sie ist ein Familienerbstück. Vielleicht sogar der einzige Beweis, dass ich existiere", sinnierte Amaro nachdenklich als er den 6-Schüsser auf den Tresen zu den anderen legte.
Alle Waffen waren in einem hervorragenden Zustand, obwohl es ihnen anzusehen war, dass sie in regelmäßigen Gebrauch standen. Die Gaus-Pistolen zeichneten sich durch Spezialgriffanpassungen aus. Amaro wartete nicht auf eine Reaktion des Master Sergeants, sondern drehte sich wieder zu den anderen beiden im Raum um.
"Ehrlich gesagt ist es mir schleierhaft, wie mich die vielen Wachleute überhaupt in diesen Hochsicherheitsbereich mit meinen ganzen Waffen gelassen haben?", fragte sich Amaro laut. "Vielleicht sollte wirklich was gegen diese Laxe Vorgehensweise des Sicherheitspersonal getan werden", leitete er allgemein daraus ab und wendete seine Aufmerksamkeit dem Doktor zu.
"Ich glaube ich mag Sie, Doktor", stellte der unscheinbare Mann lächelnd fest. "Wollen Sie mir das Seziermesser mitgeben, damit ich es in die Krankenstation zurücklege, oder begleiten Sie mich?", fragte er sie und fügte dazu: "Ich denke ich lege das Schulterhalfter besser wieder zurück in meine Kabine." Sein Blick bleibt fragend an dem von Doktor Bryne hängen.
Er hasste ihn. Abgrundtief. Von Anfang an hatte Nate ein mehr als begründetes Misstrauen gegen den Psioniker gelegt, aber sein jetziges Gebaren ließ den unwillkürlichen Drang dem Mann, der ihm so provokant den Rücken zudrehte, eine Kugel in den Kopf zu jagen beinahe greifbar werden. Das schulmädchenhafte Kichern Amaros auf die Anweisung des Catpains gepaart mit der selbstverliebten Gelassenheit und Gewohnheit mit der er die Waffen gezogen hatte ließen alle Alarmglocken in Broxter aufschrillen.
Dieser Mann war gefährlich. Letzten Endes auch für sich selber aber vor allem für die Crew und vor allem für den Captain. Es wäre nur gerecht und ironisch Ex mit seiner eigenen Waffe hier und jetzt zu liquidieren. Wer vermochte schon zu sagen wie viele gute Menschen er auf dem Gewissen hatte? Wieviele kamen noch hinzu wenn er jetzt nicht einschritt? Broxter kannte die Geschichten von früher zu was Psioniker in der Lage waren, insbesondere die mental labilen. So nützlich seine Fähigkeiten auch sein mochten... Nate konnte den Tag nicht abwarten an dem Amaro sich verriet oder der Captain den Befehl gab.
"Mr. Ex.", bellte Nate in einem Ton der Rekruten das Blut in den Adern gefrieren ließ. Broxter schien hinter dem Tisch zu wachsen und sein innerer Konflikt war förmlich greifbar als sich der Angesprochene unwillkürlich umdrehte. "Wir sind hier weder auf einem Basar noch in der Kindertagesstätte. Waffen sind nichts was man auf den Tisch legt und sich dann umdreht, um dann einer Frau den Hof zu machen. Wenn Sie denken die Destiny wäre ihr persönlicher Spielplatz und Sie können sich gebaren wie ein ungezogener Rotzlöffel haben Sie sich geirrt. Mir ist egal was Sie können und mir ist egal was Sie denken was ich Sie kann. Hier auf diesem Schiff gelten die Regeln Nowells uns in erster Linie die Protokolle des Militärs, welches in Zukunft dafür Sorgen wird, dass Sie ruhig Schlafen können."
Nates Augen funkelten eiskalt, als er die beiden Pistolen wieder in Richtung Ex zurück schob und eine leere, mit Schaumstoff ausstaffierte, Kiste dazustellte. "Daher bitte ich Sie jetzt darum diese Waffen zu entladen und in diesen Kasten zu legen. Danach beobachten Sie wie ich die Waffen kontrolliere und stoßsicher verpacke. Danach versiegele ich die Kiste und Sie quittieren mir die Übergabe ihrer Familienerbstücke. Haben wir uns, mit allem zwingend nötigen Respekt, verstanden Mr. Ex?"
Der angesprochene blickte flüchtig in die funkelnden Augen des Master Sergeants. Der Hass, der kurz über den unscheinbaren Mann hinwegfegte, brodelte direkt vor ihm weiter. Amaro Ex war kurze Sekunden erstaunt über diese direkte Reaktion. Normalerweise dauerte es etwas Zeit, bevor die Menschen um ihn herum ihrem Argwohn soweit nachgaben, dass er zu offenen Hass überschlug. Sie machten ihn schnell für alles verantwortlich für alles, das irgendwie schiefging. Es war ja so einfach.
Schnell hatte er sich wieder unter Kontrolle. Er beschloss es ruhig anzugehen und nicht seine Enttäuschung zu zeigen. Insgeheim hatte er gehofft, dass ein Mann wie Broxter, der auch ein Außenseiter war, Verständnis für ihn aufbauen könnte. "Erstaunlich", stellte er sachlich fest. "Sie sind wohl der einzige hier, der mir frei heraus seine Meinung über mich kundtut. Ihre Ehrlichkeit ist nahezu erfrischend, selbst wenn ihre eigentliche Aussage ist, dass sie mich am liebsten Tod sehen würden. Daher werde ich in Zukunft Ihnen gegenüber auch kein Blatt vor den Mund nehmen", bedankte sich Amaro Ex bei dem bulligen Mann für diese Erkenntnis.
"In der Tat, da haben sie recht Master Sergeant. Das hier ist kein Basar, zu dem werden Sie nachher aufbrechen. Das dürfte interessant werden", fuhr der Computerexperte mit gefühlskalter Stimme fort, griff zu dem Revolver und prüfte den Zustand der Waffe ohne die Augen von Broxter zu lassen. 'Klack, klack', machte es. Amaro hatte diese Bewegung tausende Male durchgeführt, selbst in vollkommener Dunkelheit.
Der kleinere Mann legte den Revolver mit offener Trommel zu Broxter zugewandt auf den Tisch und bestätigte: "Rohr frei, Master Sergeant!" Dann griff er sich die nächste Waffe. "Hassen Sie alle Zivilisten oder hassen sie nur mich?", fragte er den großen Mann beiläufig. 'Klack, klack' machte es wieder in die eintretende Stille. Und bevor der Master Sergeant etwas erwidern konnte, meldete Amaro: "Rohr frei, Master Sergeant!", legte die Waffe vor ihn hin zur Prüfung und griff sich die letzte.
Nates Augen funkelten weiterhin eiskalt während er in aller Ruhe abwartete bis Amaro auch mit seiner letzten Waffe fertig war. Dem Unteroffizier war klar das diese Unterhaltung wegweisend für den Verlauf der ganzen Mission sein würde. Auch wenn der Psioniker fast unerträglich impertinent auftrat durfte er sich von den höchsten zivilen und militärischen Rängen hier an Bord keine Blöße geben. Zudem fragte er sich wie es Ex wohl geschafft haben konnte so lange bei diesem Auftreten zu Überleben.
"Mr Ex.", antwortete der Master Seargent mit einer so ruhigen Stimme, dass es jemandem der ihn kannte ein eisiger Schauer über den Rücken laufen lassen würde, "Was meine Meinung über Sie angeht oder wen oder was ich hasse ist meine Privatangelegenheit. Das einzige was ich von Ihnen fordere ist der Respekt vor dem Gesetz und denen die es vertreten. Dabei ist es mir egal ob es sich dabei um Militär oder Zivilisten handelt."
Die Stille in dem Raum war greifbar, als Broxter alle im Handbuch vorgesehenen Schritte zur Sicherung der Waffen durchführte, die Kiste versiegelte und alles protokollierte. Als er damit fertig war schob er das Klemmbrett unterschriftsbereit zu Ex herüber. Ohne einen Blick von ihm abzuwenden, sprach er Ex erneut an.
"Aber einen guten Rat möchte ich Ihnen noch auf den Weg geben. Bezichtigen Sie mich niemals, niemals", mit diesem Wort schlug Broxter hart mit seiner Faust auf den Metalltisch und seine Stimme nahm Kasernenhoflautstärke an, "wieder eines Mordes oder einer Morddrohung oder eines sonstigen haltloses Vergehens! Ich bin der Master Seargent dieses Schiffes und werde im Auftrag Nowells Menschen in tödliche Gefahr führen, um unter anderem Ihr Überleben zu sichern. Wenn nur der leiseste Zweifel an meiner Integrität besteht kann ich diese Aufgabe nicht mehr ausführen. Also halten Sie Ihr Schandmaul auf diesem Schiff unter Kontrolle! Sie haben wie jeder an Bord dieses Schiffes die Möglichkeit sich zu beweisen, aber geistlos daher plappern und Vermutungen anzustellen war und ist bis jetzt der Tod jeden Schiffes gewesen! Sie haben diese Erfahrungen noch nicht gemacht, aber Sie werden feststellen, dass die Zeit im Raum sehr lang werden kann. Daher vergiften Sie nicht weiter die Luft die Sie noch lange atmen werden!"
"Sergeant Major Broxter, Dr. Ex, es reicht jetzt", MacArthurs Stimme war so ruhig, als würde er den Wetterbericht für eine athmosphärenlose Welt verlesen. Nichts desto trotz sorgte ein unbestimmbarer Unterton dafür, dass augenblicklich Ruhe eintrat und sich alle Aufmerksamkeit auf ihn richtete. Laute Tiraden waren noch nie sein Markenzeichen gewesen. Im Gegenteil. Wer Jonathan kannte, wusste, dass er sich umso tiefer hineingeritten hatte, je ruhiger der Captain auftrat.
Ein Blick aus seinen jetzt scheinbar eisblauen Augen genügte, um Broxter Haltung annehmen zu lassen und erstickte gleichzeitig einen aufkeimenden Kommentar Amaros im Keim. Zufrieden nickte MacArthur, ehe er fortfuhr.
"Gut. Dr. Ex, hier an Bord dieses Schiffes gelten für Sie vor allem die Regeln des Anstands. Sie werden niemals mehr ein Mitglied meiner Crew des Mordes bezichtigen. Ich muss dem Sergeant Major hier zustimmen. Wir werden noch viele Wochen auf diesem Schiff verbringen und haben keine Raum für Ihre persönlichen Allüren.
Egal, mit welchen Tricks Sie ihre vorhergehenden Existenzen am Leben erhielten, dies ist jetzt vorbei. Auf meinem Schiff arbeitet die Crew zusammen, ob zivil oder militärisch. Ich werde keine Ausnahme zulassen. Sie haben hier die Chance, ein normales Leben zu beginnen, aber sie werden von mir nur eine einzige Chance erhalten, denn ich kann es mir nicht leisten, auch nur einen Unsicherheitsfaktor in meiner Besatzung mitzuschleifen.
Ebenso erwarte ich, dass Sie das militärische Protokoll hier einhalten. Auch wenn Sie außerhalb der Rangfolge stehen sind Sie hier im All doch nur ein Küken, dass seine ersten Flugversuche unternimmt. Das Protokoll dient dazu, dass Sie nicht abstürzen oder gar uns mit in den Abgrund ziehen. Beispielsweise in dem sich ein Schuss aus Ihren Spielzeugen löst und die Schutzhülle unserer Fusionsmeiler durchschlägt. Oder gar die Außenhülle.
Sergeant Major Broxter wird Sie und die anderen Zivilisten daher nach dem bevorstehenden Einsatz über dieses Protokoll unterrichten. Und zwar genau ein Mal."
Er hob die Hand, als Amalisa zu einer Erwiderung ansetzte. Erneut genügte bereits die Geste, um sie im Ansatz zu unterbrechen.
"Dr. Bryne, Dr. Ex. Egal, welche Insignia da draußen auf die Hülle der Destiny aufgebracht sind: Dieses Schiff wird von mir so kommandiert, wie es die über eintausendjährige militärische Tradition des Dritten Imperiums gelehrt hat. Wer sich damit nicht abfinden kann, hat noch immer Gelegenheit, das Schiff wieder zu verlassen.
Abseits davon erwarte ich von allen ab sofort professionelles Verhalten. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?"
MacArthurs, der noch immer die Stimme um keinen Deut erhoben hatte, blickte der Reihe nach die Anwesenden an. Seine gesamte Autorität lag in diesem Blick, und die unerschütterliche Absicht, diese Crew zusammenzuschweißen.
"Aye, aye Captain.", antwortete Broxter militärisch knapp und ließ sich zu einem kurzen Salut hinreißen. Es tat gut diese Worte offen vom Captain ausgesprochen zu hören. Innerhalb dieser metallenen Wände galt noch das Gesetz des Imperiums und dieses würde er mit allem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln schützen. Auch wenn er sich der Tatsache bewusst war das der Captain ihm auch noch einmal ins Gewissen reden würde, dass er sich von Amaro so provozieren hat lassen, war er vollauf zufrieden. Er würde diesen Zivilisten das Protokoll schon beibringen. Der Hinweis MacArthurs das er dieses nur einmal tun würde, zusammen mit den Gedanken Nates vor dem Zwiegespräch, waren eine Kombination die den Master Seargent hätte lächeln lassen, wenn er dazu nur im Entferntesten neigen würde.
Auch wenn er Ex aus so vielen verschiedenen Gründen am liebsten nicht auf der Destiny hätte, so würde es ihm dennoch missfallen ein Leben zu nehmen. Ungeachtet diverser Tagträume. Selbst bei den miesesten Schurken die er im Laufe seiner langen Karriere bei den Sondereinsatzkräften hatte liquidieren müssen, so hatte er nicht einmal Spaß daran gehabt. Es war seine Pflicht. Es war eine Verpflichtung all denjenigen gegenüber die ein gutes Leben führen wollten und nicht dazu in der Lage waren das zu tun, was getan werden musste.
Vielleicht würde sich Amaro noch eingliedern und ein produktives Mitglied der Mannschaft werden. Vielleicht würde er ihn beseitigen müssen. So oder so, es war nicht seine Entscheidung.
Der unscheinbare Mann, nickte dem Captain zu, nahm das Klemmbrett entgegen und unterschrieb mit Dr. Amaro Ex. Er war verärgert über diese Standpauke. Doch jetzt musste er erst mal zurückrudern. Er wusste nun den Captain und Broxter besser einzuordnen. Letzterer würde nichts ohne den ausdrücklichen Befehl des Captains unternehmen. Das war sehr beruhigend zu wissen. Damit könnte dieses Unternehmen tatsächlich zu einem Erfolg führen und dieses Schiff ein zu Hause für Ihn werden. Die einzige Unwägbarkeit blieb nun seine Chefin: Doktor Bryne. Amaro hoffte inständig, dass er sie bei diesem Streitgespräch mit Broxter nicht verloren hatte.
Er wendete sich seinem Kontrahenten zu und sagte: "Ich verstehe Sie sehr gut Master Sergeant. Es ist nicht nötig mich anzubrüllen." Er atmete tief ein bevor er weitersprach: "Sie haben recht, Captain, das war nicht Fair von mir." Zum Master Sergeant zugewandt sprach er weiter: "Ich entschuldige mich. Ich habe Sie durch ihre laute Art falsch eingeschätzt. Das tut mir leid. Vielleicht sollten wir zwei noch einmal neu Anfangen."
Amaro blickte bei den letzten Worten von dem Klemmbrett auf, legte den Schreiber auf die Seite und reichte dem Master Sergeant die Hand zur Versöhnung. Dazu sprach er mit freundlicher Stimme: "Als Zivilist fällt es mir etwas schwer mit den militärischen Gepflogenheiten zurechtzukommen. Ich hoffe Sie können mir das nachsehen und mich entsprechend freundlich darauf aufmerksam machen. Nun denn auf gute Zusammenarbeit!"
Nates Augen zuckten zwischen der dargebotenen Hand, dem Captain, Ms Bryne und ganz kurz einem viel zu nahe liegenden Schrotgewehr hin und her, welches er gerade noch einmal inspizieren wollte. Langsam streckte der Master Seargent seinen Arm aus und ergriff die Hand seines Gegenübers. Die Zeit bis zu dem Handkontakt, die manch einem vielleicht schon unhöflich lang vorkommen mochte, nutzte Broxter um seine mentalen Schutzschilde voll hochzufahren. Körperkontakt mit einem Psioniker war das letzte was er wollte, aber die aktuelle Situation erforderte eine Geste der Höflichkeit.
Sollte Amaro es tatsächlich wagen seine Tentakel nur in die Nähe seines Geistes zu bringen und den physischen Kontakt als Vorteil auszunutzen würde er sich auf eine Überraschung gefasst machen. Er war ein Marine des Dritten Imperiums. Er hatte mehr Leid gesehen als die meisten verkraften konnten. Und genau diese Wand aus Schmerzen beschützte nun seinen Geist.
Amaro bemerkte das Zögern seines Gegenüber. Ihm war klar, dass der Master Sergeant schon seine Erfahrungen mit Psioniker gemacht haben muss, denn nur so konnte sich auf logische Weise seine Reaktion erklären.
Schon während dem Streitgespräch war es Amaro nicht leicht gefallen die mentale Barriere aufrecht zu erhalten, die ihn von allen Gedanken abschirmte. Unbedacht hatte er sich das Leben selbst schwerer gemacht und eine Herausforderung für sich selbst geschaffen: Denn eine direkte körperliche Berührung erleichterte den telepathischen Kontakt um das vielfache. Dies war der Grund warum er selten jemand berührte. Jetzt war er froh um seine Hardliner-Handschuhe, welche nur über die Fingerknöchel gingen trug. Sie boten ihm zumindest etwas Schutz.
Als sich seine Hand von der Broxters löste, atmete der unscheinbare Mann kaum wahrnehmbar auf. Er hatte es geschafft sich von den Gedanken der vor ihm stehenden Person vollständig abzuschotten. Zufrieden lächelte er kurz über seinen Erfolg. Inständig hoffte er, dass keiner bemerkte, dass er schweißgebadet war und das vielleicht missverstehen würde.
Na, das konnte ja heiter werden! Dieser fliegende Haufen Blech beinhaltete ganz offensichtlich mehr als nur einen Psychopathen. Zumindest schien hier im Raum - abgesehen von ihr selbst natürlich - lediglich der Captain noch einen einigermaßen funktionierenden Verstand zu besitzen.
Während unsichtbare Spannungen zwischen Ex und Broxter hin und her zu wabern schienen - jeder der beiden war auf seine Art darauf bedacht, sie herunterzuspielen - löste sich Amalisas Hand von ihrem Zopf, den sie in den letzten Minuten krampfhaft umschlossen gehalten hatte.
In aller Ruhe hob sie ihren Fuß, stellte ihren Stiefel vorsichtig auf den Rand eines Stuhles und schälte das Messer aus dem Schaft. Normalerweise ging das verdammt schnell - ein Wurfmesser langsam zu ziehen war in der Regel eine sinnlose Sache. Dann konnte man auch gleich einen großen Pfeil auf den Stoff seiner Hose heften: "Vorsicht! Stiefelmesser!".
In diesem Fall war ein gelassenes Handeln aber wohl das Gesündeste, was sie tun konnte. Sie hatte nicht im Geringsten Lust darauf, ihr eigener Patient zu werden.
Vorsichtig reichte sie nun das perfekt ausgewogene Messer in Richtung des Master Sergeant, während sie das Wort ergriff. Irgendwie klangen ihre Worte seltsam beiläufig in ihren Ohren, aber das lag vermutlich an der vorausgegangenen hitzigen Explosion Broxters und der kalten Fusion des Captains. Da konnte alles Weitere ja nur beiläufig wirken.
"Captain, ich habe klar und deutlich verstanden und sollte ich mich falsch verhalten, liegt das jedenfalls nicht in meiner Absicht. - Mr. Broxter, hier haben Sie mein 'Seziermesser'.", die Ironie in ihren letzten Worten war nicht zu überhören.
Ruhig nahm Nate das Messer entgegen, welches tatsächlich von einer ausgezeichneten Qualität zu sein schien. Auch diese Waffe verstaute er, in einer wesentlich kleineren Kiste, stoßsicher und schob nach seinen Einträgen das Klemmbrett zum Doktor hin. In Gedanken war er immer noch bei dem Handkontakt mit Amaro. Er hatte keinerlei psionische Attacke gespürt. Bedeutete dies, dass kein Angriff stattgefunden hatte oder das er den Kampf verloren hatte und sich an nichts erinnerte? Ein kurzer Blick zum Captain verschaffte ihm Beruhigung.
Hätte Broxter sichtbare Anzeichen einer mentalen Beeinflussung gezeigt, hätte der Captain schon längst reagiert. Sie waren sich Beide des Risikos eines Psionikers an Bord bewusst und kannten die Anzeichen einer solcherarten Einflussnahme. Beide waren bereit Maßnahmen dagen zu ergreifen, sollte so etwas passieren.
Da es für den Master Seargent jetzt nichts weiter zu tun gab, stellte er sich in bequemer militärischer Haltung hinter dem Schreibtisch auf und wartete das die Anwesenden verschwanden. Dann konnte er endlich seine Arbeit hier zu Ende verrichten und zu seinem Squad aufschließen.
Es würde seiner Laune dienlich sein ein Schmugglernest, oder was auch immer, auszuheben.
In der Nighthawk
Wassermassen liefen über die schräg stehende Cockpitscheibe der Pinasse Nighthawk und zauberten surreale Lichtspiele in deren Inneres. Rex T. Porter, Commander der Destiny und für den Ausflug zur anderen Planetenseite der Pilot dieses kleinen Schiffes betrachtete die Spiegelungen einen Augenblick, bevor er das kleine Terminal deaktivierte, mit dessen Hilfe er sich den aktuellen Wetterbericht ihres Zielgebietes aufgerufen hatte. Glücklicherweise war es dort zur Zeit trocken; er hätte keine Lust gehabt, noch einmal in sein Quartier marschieren zu müssen, um sich dementsprechend umzuziehen. Außerdem hätte es seine sorgfältig geplante Kleidungs- und Materialauswahl gestört, die er sich für ihren Auftrag zurecht gelegt hatte. Wasserfeste schwarze Stiefel zu finden, denen man ihre Armeeherkunft nicht ansah, war reichlich schwierig. So hatte er ein paar sommerliche Trekkingstiefel an, die bequem und leicht waren, jedoch ausreichend Halt versprachen, auch in Notsituationen den schnellen Fuß zu liefern. Darüber hatte er eine abgetragene braune Lederhose an, die ihn schon in verschiedenen Situationen begleitet hatte und den großen Vorteil bot, für verschiedene notwendige Dinge ein unauffälliges Versteck zur Verfügung zu stellen. Pistole, Messer, Bargeld ... alles war da und nur für das geübte Auge zu erkennen. Ähnlich verhielt es sich mit der Jacke, die er über einem dunklen T-Shirt trug. Einer Schutzweste der Armee nicht unähnlich, jedoch designmäßig dem Zivilleben angepasst, war ihr primärer Zweck der Schutz gegen Hieb- und Stichwaffen, selbst leichte Munition konnte ihr nichts anhaben. Außerdem hatte sie noch eine Menge weiterer Taschen und Verstecke, die ordentlich genutzt wurden.
Mit einer schnellen Handbewegung rückte er die Pistole in seinem Schulterhalfter zurecht und warf einen Blick auf die Uhr. Nicht mehr lange und der Rest des Teams sollte erscheinen. Er war gespannt, wie ihr Auftrag verlaufen würde und vor allem, ob das Team als solches funktionierte. Zwar waren sie alle Militärangehörige und es gewöhnt, in hierarchischen Strukturen zu arbeiten, aber schließlich war das hier keine alltägliche Zusammenstellung und zudem kam absolutes Neuland auf sie alle zu. Außer vielleicht für Broxter. Rex konnte ein Schmunzeln nicht verbergen, als er an den Sarge dachte. Broxter war schon ein Fall für sich. Natürlich waren erfahrene und dienstgradhohe Mannschaften generell recht schwierig zu handhaben, doch Broxter in seiner Eigenschaft als persönlicher Wachhund des Captains setzte dem Ganzen doch ein wenig die Krone auf. Er war jedenfalls gespannt, wie sich mit ihm und den Anderen arbeiten ließ.
Eine erneute Überprüfung der aktuellen Zeit veranlasste den Commander dazu, sich den Maschinenkontrollen zuzuwenden. Er wollte alle Vorbereitungen zumindest angestoßen haben, damit sie pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt los kamen. Schließlich gab es ein Zeitfenster einzuhalten. Mit flinken Fingern aktivierte er die Systeme und rief die verschiedenen Vorstartkontrollen auf. Überall im Cockpit leuchteten die unterschiedlichsten Lampen auf und ein leises Surren zeugte vom Laufen der Computer. Sequenz für Sequenz ging er konzentriert durch, sodass er das Öffnen der Hangartür gar nicht mit bekam.
Für einen Moment blieb die Ingenieurin in der Tür stehen und beobachtete den ersten Offizier von hinten wie er konzentriert auf seine Konsole blickte. Sie war nur ein paar Meter von ihm entfernt und Kay konnte, wenn sie sich ein bisschen streckte über Porters Schultern blicken und einen Blick auf seine Anzeige werfen. Wie es schien, hatte er schon mit dem Checklauf begonnen - sie kam also gerade im richtigen Augenblick. Zufrieden machte sie sich bemerkbar.
"Commander, melde mich an Bord."
Rex unterdrückte den Wunsch auf die Konsole einzuschlagen, weil ein Teil der Startroutine nun schon zum dritten Mal abgestürzt war und drehte sich stattdessen zu der Chefingenieurin um.
"Lieutenant Commander Azare", winkte er sie zu sich, während sich sein angespanntes Gesicht mit einem Lächeln aufhellte. "Gut das Sie da sind. Sie können mir vielleicht bei der Kommunikation mit dem hier anwesenden Computersystem ein wenig zur Hand gehen. Wenn dieser verdammte Computer hier Füße hätte, dann würde ich sehr stark davon ausgehen, dass er mit einem Falschen aufgestanden ist."
Er rief die nicht funktionierende Sequenz auf und zeigte auf den Timecode, der ihm Kopfzerbrechen bereitete. "Bis hier hin läuft alles normal. Doch ab da scheint irgendetwas aus der Bahn zu laufen. Leider schaffe ich es nicht dahinter zu kommen und diese Kiste hier ist mir in keiner Weise behilflich wenn es um die Problemlösung geht."
Den Blick nicht von der Konsole abwendend stellte die Ingeneurin nickend ihren Rucksack an die Seite, stützte sich mit der einen Hand auf dessen Rahmen ab und überflog die Anzeige die Porter ihr präsentierte. Mit dem Finger der anderen Hand wischte sie über die vorherigen Sequencen und suchte nach Ungereihmtheiten.
Ihr Gesichtsausdruck verfinsterte sich ein wenig, als sie wieder zurück scrollte, weil sie nichts gefunden hatte. Dann, ein paar Momente später und kurz bevor sie schon zu eine enttäuschten Antwort ansetzten wollte, viel ihr doch etwas seltsames auf.
Sie richtete Ihre Aufmerksamkeit auf die Injektorventile der Beschleunigungssensoren und überprüfte die Ausrichtungseinstellungen. Dann legte sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht.
"Ha, sehen sie hier: der Computer ist wohl wirklich mit dem falschen Fuß aufgestanden.", meinte sie und deutete auf die Werte der Einstelldüsen der Ventile. "Die Dinger sind um 9mµ verdreht. Das ist eigentlich nicht schlimm, aber.. ."
Kay machte eine kurze Pause und drehte sich zu einer anderen Konsole hinter ihr um und rief dort eine Liste der eingebauten Komponenten für den Antrieb auf.
"... aber offensichtlich hat man bei der letzten Wartung anscheinend die Falschen eingebaut. Das sind 700er-Ventile, die haben eine Abweichungstoleranz von 5mµ .. . "
Sie drehte sich wieder zu Porters Anzeige.
"... und das führt dazu, dass ihre Vorstartsequence abbricht, weil der Sensor so nicht genau ausgerichtet werden kann."
In Gedanken ging sie das Handbuch der Nighthawk durch, welches sie ebenso wie das der Destiny studiert hatte. Eigentlich hatte das Wartungsteam keinen wirklichen Fehler gemacht. Es wurden für dieses Schiff wirklich 700er-Ventile empfohlen, doch in diesem Fall schienen die Kollegen wohl die Fußnote über Optimierungen und daraus resultierenden Anpassungen der Komponenteten übersehen zu haben, die der ursprüngliche Ingenieur des Schiffe gemacht hatte, bevor er Š Naja Š Bevor es zu dem Zeitsprung kam und er getötet worden war.
Zugegeben, seine Schrift war grauenvoll gewesen und wenn sich Kay genau zurück erinnerte, hatte sie fast zwei Stunden gebaucht um die Worte zu entziffern. Danach hatte sie Kopfweh gehabt, aber die Mühe schien es wert gewesen zu sein.
Langsam wanderte Rex' rechte Augenbraue nach oben, während er den Erklärungen von Kay zu folgen versuchte. Genau das war der Grund, warum Techniker und Ingenieure solch ein schlechtes Image in Bezug auf menschliche Kommunikation hatten. Meistens waren sie mit ihrem technischen Kauderwelsch einfach nicht zu verstehen. So wie jetzt. Zwar wusste er sehr wohl, für was die Injektorventile gut waren und vielleicht konnte er sie auch noch justieren, doch der Tausch überstieg seine technischen Fähigkeiten doch ein wenig.
"Ok, verstehe ich Sie da richtig, dass die Ventile getauscht werden müssen? Wie lange wird das dauern?". Er warf einen schnellen Blick auf die Uhrzeit und schüttelte dann den Kopf. "Verdammt, unser Zeitfenster wird immer kleiner. Ich sollte wohl den Captain informieren, oder?"
Azare überlegte einige Momente und ging im Kopf die List der Teile durch die ihnen gestohlen worden waren. Wenn sie sich recht erinnerte standen die Ventile nicht auf der Liste, also mussten sich theoretisch noch welche im Lager haben - Theoretisch.
"Vielleicht haben wir ja Glück...", murmelte sie vor sich hin und aktivierte die Kommunikation.
"Azare an Halasz, bitte melden." Es dauerte einen Moment in der es nur in den Lautsprechern knackte, dann meldete sich die Technikerin mit atemloser Stimme.
"Ja, Commander?"
"Chief, bitte gehen sie in den Lagerraum, dort müssten noch zwei 750er Ventile für die Nighthawk liegen. Bringen Sie sie mir bitte so schnell wie möglich aufs Oberdeck. Ach ja, und bringen Sie bitte noch einen Werkzeugkoffer mit."
Die Komverbindung schloss nach einer abgehackten Bestätigung der jungen Frau und Kay kam nicht umhin erstaunt die Augenbraue zu heben angesichts der abgehackten Reaktion von Halasz. Sie kannte sie erst ein paar Stunden und nun war sie gespannt wie die junge Frau sich unter Zeitdruck schlagen würde.
Kay blickte auf die Uhr. Sie hatten noch 15 Minuten bis zum geplanten Start.
"Ich denke wir werden wahrscheinlich eine halbe Stunde brauchen um die Ventile einzubauen und einzustellen.", wandte sie sich dann mit einem entschuldigendem Blick wieder an Porter.
Schnell ließ sich Rex den Ablaufplan der Mission durch den Kopf gehen, während er das Für und Wider der einzelnen Möglichkeiten abwog. Sie konnten es schaffen. Zwar würde es ziemlich knapp werden, doch dass mussten sie riskieren. Und für den Captain würde es bestimmt reichen, wenn er kurz vor Abflug über eventuelle Probleme informiert würde. Was sollte er schließlich machen?
"Lassen Sie uns versuchen noch ein paar Minuten mehr Zeit heraus zu schlagen", wandte er sich an die Cheftechnikerin. "Können wir die falschen Ventile schon mal ausbauen oder zumindest die Lokalität vorbereiten, damit wir direkt loslegen können, wenn Halasz mit den Ersatzteilen da ist? Ich würde jetzt wirklich ungern hier Däumchen drehen und warten."
"Natürlich ...", antwortete Kay mit einem schmalen Lächeln und wandte sich noch einmal zur Steuerkonsole. Mit einigen kurzen Eingaben brach sie die Startsequence entgültig ab und setzte den Antrieb in den Warungsmodus.
Porter folgte ihr wortlos zum Maschinenraum.
Wenige Minuten später hatte die Technikerin den ersten der beiden Antriebe vom Hauptcomputer getrennt und kletterte nun in den engen, ca zwei mal zwei Meter breiten Raum, in dem das Triebwerk untergebracht war. Wenn die Lüfter nicht liefen wurde es schnell warm hier drinnen und sie bereute es jetzt schon nicht ihre Uniformjacke ausgezogen zu haben.
Ihr Weg führte sie zwei Meter nach oben, vorbei an unzähligen Verkabelungen und Kühlschläuchen. Nachdem sie einen sicheren Stand auf zwei Sicherungsankern gefunden hatte, fischte sie einen altmodischen Schraubendreher aus der Hosentasche und hebelte damit die Abdeckung vor ihr aus den Halterungen.
Zum Vorschein kam eine Wartungsluke an dessen Ende sie das erste der beiden Ventile sehen konnte.
Kay seuftze. Nicht das sie ein Problem damit hatte sich die Finger schmutzig zu machen, aber das Ventil triefte gerade so vor Schmierflüssigkeit. Das Wartungsteam hatte es wohl besonders genau mit dem Hinweis "Verbindungsstück aus Metall immer gut ölen" genommen. Immerhin eine Anmerkung die sie gelesen hatten.
"Commander, in meinem Rucksack steckt in der vorderen, linken Tasche ein Lumpen - würden Sie mir den bitte geben?" rief sie nach unten, in der Hoffnung, der erste Offizier würde noch an der Luke warten.
Rex zog seinen Kopf aus dem Schacht und schaute sich nach dem erwähnten Rucksack um. Er entdeckte ihn in der Nähe der Rampe, ging schnurstracks darauf zu und hob ihn auch. Schnell fand er ein ziemlich öliges Etwas, was sich mit Mühe als Lumpen bezeichnen ließ, doch da er auch danach nichts Passenderes fand, stellte er das Gepäckstück wieder zurück auf den Boden und trug das Fundstück mit spitzen Fingern zum Schacht. Mit eingezogenem Bauch quetschte er sich hinein und kletterte weiter, bis er die Füße der jungen Technikerin fand.
„Ich glaube, ich habe ihn gefunden“, begrüßte er sie und reichte den Lappen nach oben. „Brauchen Sie sonst noch etwas?“
Gerade als seine Worte verklungen waren, hörte er von draußen ein zischendes Geräusch, gefolgt von einem weiblichen „Hallo?“
„Wir sind hier drin“, rief Rex über die Schulter nach draußen, wo er drauf hoffte, dass es die eiligen Ersatzteile waren, auf die sie so dringend warteten.
Kay legte den Lappen mit einem Nicken auf die Seite - er war doch schmieriger als sie ihn in Erinnerung gehabt hatte - dann blickte sie an Porter vorbei nach unten. Der blonde Schopf der Techniker tauchte in der Luke auf und nach einem Moment blickte sie nach oben.
"Sie hatten Recht, da waren noch zwei dieser Ventile im Lager.", verkündete sie euphorisch.
Azare viel in diesem Moment ein kleiner Stein vom Herzen, es wäre wirklich peinlich gewesen, wenn ihr erster Auftrag gleich mit einem Fehlstart begonnen hätte. Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht.
"Sehr gut, geben Sie uns das Erste bitte herauf?"
Der blonde Schopf verschwand mit einen eifrigen Nicken wieder und die Ingeneurin griff wieder nach dem Lappen. Als sie ihn zusammen drückte schmatzte das sich noch darin befindende Öl etwas und sie war dem ersten Offizier einen entschuldigenden, aber grinsenden, Blick zu.
"Als ich das letzte Mal mit ihm das Vergnügen hatte, sah er wirklich noch besser aus!"