Die Spur zur Ausrüstung

Destiny, Amaros Mannschaftsquartier

Oben angekommen, bezog Amaro das Mannschaftsquartier direkt neben der Werkstatt. Immer noch gutgelaunt blickte er sich in seinem neuen Reich um. Das Objekt seiner Begierde stand mitten gegenüber des Eingangs auf einem Tisch: Der Terminal. Die Verbindung zum leistungsfähigsten Rechengehirn auf dem Planeten. Ungeduldig schaltete er es sofort an.

Dieser Auftrag gab ihm Gelegenheit, gleich mit dem Computer des Schiffes zusammenzuarbeiten. Das war ein hervorragender Test seiner Leistungsfähigkeit. Gleich nach dem hochfahren des Terminals gab der Computerexperte sein ihm zugewiesenes Passwort ein. Sekunden war es geändert und nun suchte er gezielt nach einer bestimmten Tasche im Raum.

In der linken Ecke des Raumes konnte er sie erspähen und einen großen Schritt darauf zu machend, rutschte er auf dem inzwischen nassen Boden aus. Mit einem Rumpeln landete er gleichermaßen auf seinen Händen wie Hosenboden. Ein Schmerzensschrei entfuhr ihm, gefolgt von einem herzhaften Fluch.

Sich auf alle viere fortbewegend und sein Hinterteil reibend, fiel ihm erst jetzt auf, dass er mit seiner nassen Kleidung den ganzen Boden eingenässt hatte. "Ach Du dickes Ei!", entfuhr ihm. "Vielleicht sollte ich mich erst einmal um diese Sauerei hier kümmern und mir dann was anderes anziehen, bevor ich die Spürnase loslasse", sagte völlig der durchnässte Mann zu sich selbst laut und bewegte sich vorsichtshalber weiter auf allen vieren in die Nasszelle.

Dort entledigte er sich sämtlicher nasser Kleidungsstücke und ließ sie einfach auf dem Boden fallen. Zwei, drei Handtücher warf er auf den nassen Boden im Raum und bewegte sich splitternackt zu einem Koffer neben dem Sessel zu. Öffnete ihn, nahm ein paar trockene Kleidungsstücke heraus und zog sie an. Die restliche, nicht benötigte, Kleidung verteilte sich über dem Raum.

Danach machte Amaro die zuvor gesuchte Tasche mit dem Reisverschluss auf. Der erste Gegenstand, der auf einem kleinen schwarzen Koffer lag, war ein Bild in einem schlichten Bilderrahmen. Es zeigte einen älteren Mönch mit dem noch sehr jugendlichen Amaro in einem blühenden Klostergarten. Beide Personen lächelten glücklich in die Kamera. Darunter lag ein weiteres Bild in einem schön verzierten Rahmen. Es zeigte ihn und eine jungen Frau umarmend. Die Art und Weise wie sich die beiden festhielten, wies darauf hin, dass es sich um ein Liebespaar handeln musste. In weißer feiner Schrift stand darauf: In Liebe, Deine Maria. Im gleichen Rahmen rechts unten war ein Bild von derselben Frau, diesmal in einem Kampfanzug der Rangers, eingeklemmt.

Amaro ergriff die Bilder und den darunterliegenden kleinen Koffer mit Datendisks. Anschließend setzte er sich mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht vor das Terminal und stellte beide Bilder nachdenklich direkt neben dem Bildschirm ab. "Ich vermisse Dich, Vater! Du hast immer gesagt Ehrlich währt am längsten", sprach er die Person auf dem Bild an.

"Ich weiß nicht, welche Intension der Captain hat, aber ich würde gerne das Vertrauen, das er mir aussprach rechtfertigen. Was denkst Du? Soll ich mir einen ärztlichen Rat einholen, wie ich am besten mit der Mannschaft umgehen kann? Du weißt, das ist ganz schön gewagt, was wir da vorhaben. Aber ich glaube es ist die einzige Möglichkeit, wenn diese Sache hier funktionieren soll", stellte er abschließend fest.

Dann öffnete er den Koffer und zog eine Datendisk mit dem Namen Spürnase Jameson heraus. Wenige Sekunden später startete er das Programm und es zeigte sich der Hochladebildschirm.

Amaro schüttelte den Kopf und stand nachdenklich mit einem gesagten "viel zu klein!" auf. Ihm gingen bereits die ersten Schritte, die er gleich tun würde, um den Dieb und die Hintermänner zu entlarven, durch den Kopf. Mit wenigen Schritten war er an der Tür, ging hindurch und schloss sie hinter sich ab.

Labor, Destiny

Von seinem Quartier aus, ging Amaro quer über den Korridor direkt zum Labor. Die Tür öffnete sich und er erblickte einen Raum mit allen wissenschaftlichen Geräten, die man sich nur wünschen konnte. Jede einzelne Maschine war das Beste, das zurzeit auf dem Markt zu bekommen war. Das Herz des Wissenschaftlers in ihm machte regelrechte Luftsprünge bei diesem Anblick.

Trotzdem ließ er sich nicht hinreißen, die einzelnen Gerätschaften genauer zu bestaunen. Sondern ging zielgerichtet auf den größeren Terminal im Raum zu. Mit einem gesagten: "Ja genau, das schaut schon viel besser aus", setzte er sich und fuhr das System hoch.

Sekunden später loggte er sich auch hier ein und griff auf das Programm Spürnase Jameson zu. Danach griff er auf Datei zu, die ihm Commander Porter zugesendet hatte. Penibel übertrug er jeden einzelnen Gegenstand auf der Liste in die Suchmaske der Spürnase. Anschließend legte er die Spezialkonfiguration fest und startete den Suchlauf.

Amaro lehnte sich im Sessel zurück und atmete zufrieden tief aus. "Jetzt wollen wir mal sehen, wie gut Du Dich schlägst, Spürnase. Enttäusch mich nicht", sprach er das Programm direkt an.

Die nächste halbe Stunde durchforstete er die Lieferlisten des Lagerhauses, in dem die vermissten Gerätschaften vorher gelagert wurden, auf Unregelmäßigkeiten. Doch es war nichts zu finden. Nach allem was er sehen konnte, wurde alles ordnungsgemäß geliefert. Er ließ die Diensthabenden Soldaten von zwei weitere Programme überprüfen, doch auch diese waren sauber. Schließlich ließ er sich auf dem Hologramm die Lagerhaltung der Gegenstände anzeigen und pfiff durch die Zähne.

"Clever", attestierte er den Dieben. "Sehr clever", wiederholte er. Jeder einzelne vermisste Gegenstand war auf einer Lieferpalette mit anderen Gegenständen. Fehlte hier ein Stück würde es nicht auffallen. Weiterhin waren die Gegenstände bei Einlieferung in das Lager geprüft worden. Nicht bei Auslieferung! Sie waren also während der Lagerzeit entwendet worden.

Amaro erhob sich und fing an im Raum umher zu laufen. 'Wer könnte in ein Hochsicherheitslager eindringen und etwas entwenden, ohne dass irgendjemand etwas davon bemerken würde. Geschweige denn, dass irgendetwas dabei zu Bruch ging', fragte er sich. Er schüttelte den Kopf. "Das ist doch nahezu unmöglich", sagte er laut zu sich.

Einige Minuten lief er nun im Labor auf und ab und zermarterte sich das Hirn. Mit einem Mal blieb er stehen und stürzt mit einem "Es sei denn" zum Terminal und lädt die Fehlermeldungsdatei, die Besucherliste sowie die Einsatzliste hoch. Gleichzeitig rief er im Hologramm des Raumes noch die installierten Kameras auf und ließ sie mit ihrem Blickfeld abbilden.

Amaro starrte düster den Terminal und die Hologramm Darstellungen an. Auf dem Terminal war die ersten Seite einer Akte eines ungefähr 55 Jahre alten Mannes dargestellt: General Ian MacAllister. Amaro schüttelte den Kopf. Er konnte es immer noch nicht glauben.

General Ian MacAllister, der ranghöchste General der Republik. Dieser Mann stand für die Ehrbarkeit und das Soldatentum wie kein anderer. Unter anderem war er einer der wenigen, die Captain MacArthur von Anfang an unterstützten. Amaro grinste und erlaubte sich kurz Gedanklich abzuschweifen: 'Jemand wie Nathaniel Broxter war für den General das Bild von einem Soldaten'. Das war schon sein Eindruck als er sich ein bisschen über die anderen Besatzungsmitglieder informierte. Doch Maria hatte von dem Master Sergeant als eine Person gesprochen, deren erster Eindruck täuschen könnte. Selbst in der kurzen gemeinsamen Zeit, die ihnen zusammen vergönnt war, lernte Amaro sich auf das Urteil der Frau, die er liebte zu verlassen. Aus diesem Grund war er sehr gespannt, herauszufinden was sie damit gemeint hatte.

Er widerstand der Versuchung in Erinnerung an sie zu schwelgen und zwang seine Gedanken wieder zurück zum Thema. Inzwischen hatte er herausgefunden, wie die Gegenstände aus dem Lager verschwanden. Doch er hatte kein einziges Gesicht oder einen Namen. Nur eine Theorie, die von einer der Videokameras lose unterstützt wurde. Spürnase recherchierte immer noch nach den einzelnen Gegenständen auf dem Schwarzmarkt und generell im Netz.

Was der Computerexperte bisher herausgefunden hatte, war dass die Gegenstände während einer kleinen Truppenübung unter dem General verschwunden waren. Das Lagerhaus war Teil der Truppenübung und spielte bei einer Geiselbefreiung eine wichtige Rolle. Es war eine für den General typische Übung. Kurzfristig geplant und spontan angesetzt für seine Spezialeinheit. Das war die einzige Möglichkeit, in der so viele Gegenstände verschwinden konnten und gleichzeitig genügend Menschen Zugriff darauf hatten ohne dass irgendetwas auffallen konnte.

Ein 'Bing' vom Terminal riss Amaro aus der Starre. Der Codebreaker-Bereich von Spürnase war erfolgreich. Der Weg zum Rechner des Generals war frei. Amaro hatte ein ganz mieses Gefühl bei dieser Operation. Wenn der General mitbekam, dass er noch aktiv war, dann würde die Suche nach ihm aufs Neue losgehen. Aber das musste er eben riskieren. Alles für sein neues zu Hause und er war nicht bereit dieses wieder einmal aufzugeben. Diesmal nicht!

Der Computerexperte durchforschte die Korrespondenz des Generals und blieb bei einer Datei von seiner Tochter hängen. 'Liebster Vater' fing diese an. Amaro glaubte seinen Augen nicht zu trauen. 'Wie bitte? Seit wann ist er denn was anderes als der General für sie? Liebster Vater? Das glaube ich nicht!', dachte er und gab den Brief umgehend Spürnase zum entschlüsseln. Der unscheinbare Mann bekam das dumpfe Gefühl nicht los, dass ihn seine Vergangenheit gleich einholen würde.

In einer weiteren Datei fand er heraus, dass die Lieferpaletten auf Anweisung des Büros des Generals so angeordnet wurden, wie sie ins Lagerhaus geliefert wurde. "Verdammt General, was läuft da? Du bist doch der größte Befürworter des Projekts Destiny", fluchte er laut vor sich hin. Das würde bedeuten, dass diese Aktion auf zwei Wochen vorher schon geplant gewesen war, schlussfolgerte er. "Wo hast Du die Gegenstände hinbringen lassen General?" fragte Amaro die Gestalt auf dem Terminal.

Dann meldete sich Spürnase Jameson mit dem Ergebnis der Untersuchung des Briefinhaltes. Amaros Augen wurden groß und er lachte lauthals freudig auf. "Sieh einer an. Das ist überraschend. Du bist einfach genial meine Liebe", attestierte er der Schreiberin des Briefes: Maria MacAllister. In seiner Stimme schwang ein nicht überhörbarer Stolz auf die Frau mit.

Doch dann verfinsterte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht als er das Ergebnis von Spürnase zu seinen ersten Anfragen sah: Kein einziges Gerät war auf dem Schwarzmarkt zu finden, nicht ein einziges.

"Das kann nicht sein, was geht hier vor sich? Das ist schon wieder so verrückt, dass es möglich wäre", flüsterte der Computerexperte leise und gab einige weitere Suchaspekte für Spürnase ein. Es waren noch 10 min bis zur Lagebesprechung.

Wieder nahm er den Brief Marias an ihren Vater zu Hand und las ihn ein drittes Mal. 'Sie war also entführt wurden und der Brief sagte genau aus, wo ihr Aufenthaltsort sein musste. Warum griff also der General nicht ein? Hatte er den Code nicht erkannt? Was hielt ihn davon ab?', fragte sich Amaro und stutzte. Maria schrieb sie sei die nächsten Wochen beim Skifahren mit Margot. Er erinnerte sich an Margot: Lieutenant Margot Bruckner, eine Angehörige von der Spezialeinheit des Generals und außerdem Marias beste Freundin. Auf dem Rechner des Generals war noch ein File gewesen, das als 'classifed' gekennzeichnet war, das Spürnase im Zusammenhang mit Margot ausgegraben hatte.

Amaro öffnete das File: Im Einsatz verstorben, stand da mit roten Lettern. Ausgezeichnet posthum mit der höchsten Medaille, die es in Nowel gab. Zwei Tage nach dem Eingang der Nachricht von Maria. An dem Bericht war eine verschlüsselte Filmaufnahme angehängt. Mit zittrigen Fingern gab er Spürnase den Auftrag zum entschlüsseln der Aufnahme und das sofortige Abspielen.

'Was war geschehen? Ein missglückter Einsatz? Sie war doch beim Skifahren mit Maria', dachte er. Der unscheinbare Mann vor dem Terminal, das die Aufnahme kurz darauf abspielte, fiel mehr und mehr in sich zusammen, als die ersten Bilder sich zeigten. Sein Mund öffnete sich und formte lautlos die Worte "großer Gott!" Sein Gesicht wurde aschfahl und er sprang auf zum nächsten Waschbecken und übergab sich. Der Burger, den er zu Mittag mit Begeisterung in dem Cafe auf dem Terminal gegessen hatte, breitete sich nun über das gesamte Waschbecken aus. Schnell dehnte sich der dazugehörende typische Geruch von erbrochenem im Labor aus. Kalter Schweiß brach aus allen Poren seines Oberkörpers aus.

Im Hintergrund war ein bedrohende Stimme zu hören: "Nun General wissen Sie was ihrer Tochter blüht, wenn Sie nicht mitarbeiten. Die Einzelteile von Lieutenant Bruckner werden Ihnen die nächsten Tage mit unseren Instruktionen zugestellt." Die Aufnahme blieb bei einem völlig zerstückelten in Blut gebadeten Frauenkörper stehen.

Amaros Körper rutschte vom Waschbecken über das er sich gerade noch gebeugt hatte in Richtung Boden, als seine Knie nachgaben. Sein Kreislauf fiel ins Bodenlose und es wurde schwarz um ihn.

Amaro starrte düster den Terminal und die Hologramm Darstellungen an. Auf dem Terminal war die erste Seite der Akte eines ungefähr 55 Jahre alten Mannes dargestellt: General Ian MacAllister. Amaro schüttelte den Kopf. Er konnte es immer noch nicht glauben. General Ian MacAllister, der ranghöchste General der Republik. Dieser Mann stand für die Ehrbarkeit und das Soldatentum wie kein anderer. Unter anderem war er einer der wenigen, die Captain MacArthur von Anfang an unterstützten. Es war nahezu undenkbar, dass er mit dem verschwinden der Gegenstände zu tun haben könnte.

Amaro grinste und erlaubte sich kurz gedanklich abzuschweifen: 'Jemand wie Nathaniel Broxter war für den General das Bild von einem Soldaten'. Das war schon sein Eindruck als er sich ein bisschen über die anderen Besatzungsmitglieder informierte. Doch Maria hatte von dem Master Sergeant als eine Person gesprochen, deren erster Eindruck täuschen könnte. Selbst in der kurzen gemeinsamen Zeit, die ihnen zusammen vergönnt war, lernte Amaro sich auf das Urteil der Frau, die er liebte zu verlassen. Aus diesem Grund war er sehr gespannt, herauszufinden was sie damit gemeint hatte.Er widerstand der Versuchung in Erinnerung an sie zu schwelgen und zwang seine Gedanken wieder zurück zum Thema.

Inzwischen hatte er herausgefunden, wie die Gegenstände aus dem Lager verschwanden. Doch er hatte kein einziges Gesicht oder einen Namen. Nur eine Theorie, die von einer der Videokameras lose unterstützt wurde. Spürnase recherchierte immer noch nach den einzelnen Gegenständen auf dem Schwarzmarkt und generell im Netz. Zwei eher unbedeutende der verschwundenen Gegenstände hatte er bereits auf dem Schwarzmarktbazar von Arman auf der anderen Seite des Kontinents ausgemacht. Für Amaros Geschmack erstaunlich, dass er nicht alle Gegenstände dort gefunden hatte. Aber immerhin ein Hinweis auf die Gegenstände.

Was der Computerexperte bisher herausgefunden hatte, war dass die Gegenstände während einer kleinen Truppenübung unter dem General verschwunden sein mussten. Das Lagerhaus war Teil der Truppenübung und spielte bei einer Geiselbefreiung eine wichtige Rolle. Es war eine für den General typische Übung. Kurzfristig geplant und spontan für seine Spezialeinheit angesetzt. Das war die einzige und beste Möglichkeit, in der so viele Gegenstände verschwinden konnten bei der genügend Menschen Zugriff darauf hatten ohne dass irgendetwas auffallen konnte. Und es war der beste Hinweis, den er bisher finden konnte. Ob es ihm nun gefiel oder nicht, es wäre geradezu dumm ihn zu ignorieren.

Amaro beugte sich zu dem Kommunikator vor, wählte MacArthur an und sprach: "Captain, kommen Sie bitte sofort in das Labor. Das hier sollten Sie sich sofort ansehen. Amaro Ende."

Messe, nicht ganz eine Stunde später

MacArthur saß am Kopfende des Tisches in der Messehalle. Seiner Ausstrahlung nach hätte er es vermutlich bevorzugt, wie ein eingesperrter Tiger im Raum auf und ab zu gehen. Da das aber der Moral nicht gut tun würde, beließ er es doch dabei, zum vermutlichen zehnten Mal über die Zusammenfassung der bisher von Amaro ausgegrabenen Daten zu blättern.

Noch immer war er sich im Unklaren darüber, was er von dieser Situation halten sollte. Soweit er das beurteilen konnte, waren die Daten schlüssig. Viel war das aber noch nicht wert. Zwei Spuren. Die Eine zu einem unauffälligen Lagerkomplex am südlichen Ende des Kontinents in Arman. Die Andere zu einer schillernden Persönlichkeit des hiesigen Militärs, General MacAllister.

Jonathan war nicht mehr in der Stimmung, lange zu fackeln. Ein genauerer Blick in die Liste der fehlenden Gegenstände hatte ein paar weitere nicht gerade ermutigende Hinweise gebracht. Aus den fehlenden Teilen war es nämlich entgegen seiner ersten Einschätzung durchaus möglich, die komplette Suite zur elektronischen Kriegsführung der Destiny nachzubauen. Alle wichtigen, hochspezialisierten Komponenten waren dabei. Was fehlte, ließ sich ohne allzu großen Verlust an Effizienz mit den auf dem normalen Markt verfügbaren Bauteilen vervollständigen.

Aber das war nicht alles. Erneut verfluchte MacArthur sich innerlich, nicht früher auf eine exakte Kontrolle der Ladelisten gepocht zu haben. Naiv, wie er eben manchmal war, hatte er erwartet, dass hier die Dinge etwas besser standen, als früher im Imperium. Das Imperium, das man hier nur noch belächelte. Verdammte Hinterwäldler.

Es war nicht auszudenken, was ein findiger Freihändler mit dem Gros der anderen Bauteilen machen konnte. Von denen aus war der Weg zu einem Feuerleitsystem, das in weiten Zügen mit dem der Destiny vergleichbar war, auch nicht mehr weit.

Ein solches Schiff würde mit den üblichen Verteidigern in diesem Subsektor kurzen Prozess machen. Und er war mit dafür verantwortlich. Jetzt war es nach der ganzen Zeit hier endlich soweit, dass die Republik einen ersten, größeren technischen Schritt nach vorne machte. Nur dazu, dass die Frucht dieser Arbeit in die Hände irgendwelcher zwielichtiger Gestalten fiel.

Amalisa und er waren sich hier schnell einig geworden. Das konnten und durften sie nicht auf sich sitzen lassen. Nicht auszudenken, was die Hardliner aus diesem Vorfall machten, wenn sie Wind davon bekamen.

Cowboy-Diplomatie hatte Amalisa seinen Vorschlag genannt, als er ohne Umschweife auf den Kern der Sache kam. Eine unbekannte Gruppe hatte sich mit der Destiny und ihrer jungen Crew angelegt. Für Jonathan stand es außer Frage, dass er hier ein Exempel statuieren musste.

In diesem Moment betrat Master Sergeant Broxter den Raum, nickte den Anwesenden kurz zu und setzte sich auf einen der verbliebenen freien Plätze.

Kurz glitt MacArthurs Blick über die Anwesenden. Rechts von ihm saß Rex Porter, seit Monaten seine Rechte Hand im Schiffsbetrieb. Kay Azare, seine neue Chefingenieurin einen Platz weiter, seiner Meinung nach eine der besten Ingenieurinnen der Flotte. Sie war sich selbst nicht zu schade, mit anzupacken und hatte einen Ruf für kreative Lösungen. Lösungen, auf die er bei einem Langstreckeneinsatz vermutlich mehr als einmal angewiesen sein würde.

Cray van Haften war ebenfalls neu, zu viel mehr als einer kurzen Begrüßung war er mit ihm ebenso wenig wie mit den anderen gekommen. Was die Fragen der Bordsicherheit betraf, dürfte er sich mit Broxter einer Meinung sein, ging es MacArthur durch den Kopf. Nur mit Mühe verbarg er den kurzen Anflug eines Grinsens.

Blieben die einzigen beiden Zivilisten im Raum: Amalisa Bryne und Amaro Ex. Beide für ihn in Wirklichkeit noch immer unberechenbar, auch wenn er nach Außen einen anderen Eindruck machte. Mehr als einmal in den vergangenen Wochen hoffte er, sich vor allem in Amaro nicht getäuscht zu haben. Falls doch... Jonathan ließ den Gedanken in der Luft hängen. Jetzt hatte er andere Sorgen.

Der Captain des modernsten Schiffes der nowellschen Flotte räusperte sich und ergriff das Wort:

"Es tut mir Leid, dass ich sie alle hier so kurzfristig zusammenrufen muss. Eigentlich hatte ich Ihren Start an Bord meines Schiffes etwas ruhiger geplant, aber wie Sie alle sicher wissen, nimmt die Realität nicht immer Rücksicht auf die Befindlichkeiten Einzelner.

Unser Problem hier ist dabei zwar nicht unmittelbar gefährlich für die Destiny, wohl aber für die Republik. Vor einigen Stunden entdeckte Commander Porter bei einer letzten Überprüfung unserer Fracht, dass neben diversen Kleinigkeiten eine ganze Reihe wichtiger, elektronischer Ersatzteile fehlten. Teile, die für die Republik bisher nur mit einem enormen Aufwand herzustellen sind.

Das Fatale daran: Aus den Bauteilen lassen sich weite Teile der elektronischen Kriegsführung und der Feuerleitsysteme unseres Schiffes nachbauen."

Er ließ diese Tatsache einen Moment auf sich wirken, ehe er fortfuhr.

"Dabei haben unsere Unbekannten Gegenspieler die Rechnung aber ohne den Wirt gemacht. Speziell, ohne unseren Trumpf im Ärmel. Dr. Ex", er deutete auf Amaro, "ist dieser Trumpf."

Er begegnete den fragenden Blicken ohne ihnen auszuweichen. Eigentlich hatte er vorgehabt, Amaros kleines Geheimnis der Crew etwas schonender beizubringen. Lediglich Porter und Broxter wussten bisher Bescheid. Jonathan atmete einmal tief durch und sprach weiter, ehe die ersten Rückfragen kamen:

"Dr. Amaro Ex ist ein Psioniker, ein Computer-Empath und ein schwacher Telepath." Er hob beschwichtigend eine Hand. "Ehe Sie hier alte Vorurteile schüren, die aus unvollständigen Berichten einer längst vergangenen Zeit beruhen: Amaro hat mein vollstes Vertrauen. Ihm sind die Regeln des imperialen Psi Corps - insbesondere zum Thema Privatsphäre - bekannt und er hat sie akzeptiert. Noch einmal: Dr. Ex hat mein Vertrauen. Wer ein Problem damit hat, kann dies gerne später mit mir ausdiskutieren."

Sein jetzt stahlharter Blick machte jedem deutlich, wie er ein solches Ansinnen einstufen würde.

"Konzentrieren wir uns also auf die vor uns liegende Aufgabe: Zwei Spuren gilt es zu verfolgen."

Er gab einige Kommandos in das Pad vor ihm ein und über dem Tisch erwachte ein Hologramm des südlichen Hemisphäre von Damber zum Leben.

"In Arman haben wir einen Umschlagplatz für Schwarzmarktgüter entdeckt. Dort sind zwei der Bauteile aufgetaucht. Commander Porter, sie werden zusammen mit Lt. Commander Azare, First Lieutenant van Haften, Master Sergeant Broxter und seine Einsatzgruppe werden mit der Nighthawk diesen Herren einen Besuch abstatten.

Commander, ich möchte die beiden Teile wieder haben und ich will wissen, wer da seine Finger mit im Spiel hatte. Und insbesondere will ich, dass der Schwarzmarkt sich danach eine neue Bleibe zu suchen hat.

Sehen sie zu, dass Sie in einer Stunde in der Luft sind. Ich werde der Luftraumüberwachung eine letzte Übung unter Gefechtsbedingungen ankündigen, damit haben Sie freie Hand im Luftraum, ohne sich vorher mit der zivilen Flugkontrolle absprechen zu müssen. Sehen Sie nur zu, dass Sie niemanden vom Himmel holen, der es nicht verdient hätte.

Verladen sie die beiden Flycycles in die Pinasse, vielleicht müssen Sie schnell reagieren können. Dazu möchte ich, dass unsere Aufklärungsdrohne sofort startet damit wir einen Blick auf das Lager werfen können.

Währenddessen werden Dr. Bryne, Dr. Ex und ich zum Hauptquartier fliegen. Es gibt da einen Marshal, dem wir mit unserer Anwesenheit beehren müssen. Oder genauer, wohl dessen Büro.

Lieutenant Novak wird in meiner Abwesenheit hier die Stellung halten. Wir werden die Destiny in den Sperrzustand bringen, getreu unserer Übung. Er wird die Obrigkeit gegebenenfalls so lange hinhalten wie es nötig ist.

Die Kommunikation wickeln wir über unsere Mesonenkommunikatoren ab, da diese mit der hiesigen Technik nicht anpeilbar sind. Da unsere Rafts keine derartigen Kommunikatoren besitzen, werde ich einen unserer mobilen Einsatzkommunikatoren mitnehmen."

Ein entschlossener Ausdruck hatte sich jetzt auf dem Gesicht MacArthurs breit gemacht:

"Soweit zu dem, was vor uns liegt. Gibt es Fragen oder Vorschläge?"

"Nein Sir", antwortete Rex beim Aufstehen, nachdem anscheinend keiner der Anwesenden irgendetwas hinzu zu fügen hatte. "Ich kann ja nur für mich sprechen, aber ich glaube, wir werden reichlich Spaß haben in Arman." Ein süffisantes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, während er zu Broxter rüber schaute. Fast sah es so aus, als würde dieser ihm zustimmen; auch wenn Rex immer noch Probleme hatte, ganz schlau aus dem Master Sergeant zu werden. Möglich, dass dieser gar nicht wusste, was Spaß war?

"Wir werden sofort mit den Vorbereitungen beginnen, damit wir pünktlich los kommen", wandte er sich noch einmal an den Captain, bevor den Mitgliedern seines Teams mit einem Wink zu verstehen gab, dass sie kurz mal zusammen kommen sollten. Schnell schickte er noch die entsprechenden Befehle an die Ladecrew und begrüßte dann seine Leute mit einem Nicken.

"Die Nighthawk dürfte gleich startklar sein und auch die Flycycles sind dann verladen. Die Flugkontrolle weiß Bescheid, das heißt, wir kommen dann direkt los. An persönlicher Ausrüstung sollte jeder einpacken was er denkt, dass es nützlich ist. Bezüglich Waffen würde ich vorschlagen, da  wir dort nicht ja gleich einen Krieg vom Zaun brechen wollen, dass sie vielleicht nicht zu auffällig sein sollten. Effektivität heißt da das Zauberwort."

Er überlegte kurz, ob er noch etwas vergessen hatte und wandte sich dann an Broxter.

"Master Sergeant, ich denke, Sie und Ihr Team sind soweit vorbereitet?"

"Aye Sir, das Team steht schon bereit.", antwortete Broxter direkt, während seine Augen die Regungen jedes Teammitgliedes einfingen. Zusätzlich zu seinem normalen Argwohn kam hier noch hinzu, dass ihn die Reaktionen auf die Enthüllung von Ex Fähigkeiten interessierten. Es war immer gut zu wissen wie die Mannschaftsmitglieder übereinander dachten.

Was ihn selber anging war der Fall klar. Für Psioniker empfahl er stets die nächste Luftschleuse. Sobald das Schiff gestartet war.

Aber dies war seine persönliche Meinung. Natürlich hatte der Captain recht und die Nützlichkeit Amaros hatte dieser offensichtlich schon jetzt bewiesen. Zudem waren er und der Captain geschult eventuelle Manipulationen mindestens zu erkennen, wenn sie nicht abgewendet werden konnten. Dennoch war ein unausgebildeter Psioniker ein enormes Risiko und eine Kugel mit seinem Namen drauf auf jeden Fall wert.

Nun aber hatte Porter wieder Nates ungeteilte Aufmerksamkeit und sein bohrender Blick suchte nach Antworten. Bisher war er mit dem XO sehr gut zurecht gekommen, aber er hatte noch nie die Not gehabt ihm zu widersprechen. Nun war es soweit und die vorläufige Bewertung seines Vorgesetzten stand bevor. Unwillkürlich spannten sich seine Muskeln an, als er wieder das Wort ergriff.

"Wenn Sie erlauben Sir, eine Anmerkung hätte ich.", formulierte Broxter seinen Einwand mit allem ihm zur Verfügung stehenden höflichen Mitteln. Porter nickte und Nate fuhr fort. "Der Captain sprach davon ein Exempel zu statuieren, was natürlich nicht bedeutet, dass wir ohne zu fragen alle Gebäude abbrennen werden. Allerdings sollten wir mit einer entsprechenden Präsenz auftreten. Ein voll ausgerüstetes Marine Einsatzteam im Rücken wird vermutlich viel Zeit sparen.

Der wichtigere Aspekt wäre für mich aber, dass wir es mit einer Organisation unbekannter Größe und Macht zu tun haben. Offenbar reicht ihr Einfluss weit, sonst wären sie nicht in den Besitz dieser essentiellen Bauteile gekommen und mangelnder Wille scheint demnach auch nicht das Problem zu sein. Somit ist es sehr wahrscheinlich das Sie uns nicht freiwillig wiedergeben werden was uns zusteht. Ohne ausreichende Ausrüstung kann ich daher nicht für Ihre Sicherheit und die des Teams garantieren. Sir."

Während sie schweigend den Ausführungen des Master Sergeant zuhörte viel Kays Blick auf den jungen Mann den der Captain gerade als ihr aller Ass vorgestellt hatte. Es war das erste Mal, dass sie auf einen Psioniker traf und angesichts der Schauermärchen die sie breits gehört hatte, wunderte sie sich nun, wie unschuldig und harmlos der junge Mann auf sie wirkte. Fast tat er ihr ein bisschen leid wie er so versunken ins seinem optisch viel zu großem Stuhl versunken war.

Nun, der Captain vertraute ihm und das genügte ihr fürs erste.

Ihre Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf Broxter und den ersten Offizier. Sie war bereits vorher ihre eigene Inventarliste für den Maschinenraum durch gegangen und hatte enttäuscht festgestellt, das auch hier ein paar Sachen fehlte die sie angefordert hatte. Dass es sich nun aber gleich um eine Verschwöhrung handelte fand sie mehr als ärgerlich - hatte sie sich doch darauf gefreut die Zeit bis zum Start dafür verwenden zu können, sich intensiv mit der Destiny vertraut zu machen. Nun waren sie noch nicht mal im freien Raum und sie mussten schon improvisieren.

"Sie haben natürlich recht", pflichtete Rex dem Master Sergeant bei. "Wir sollten definitiv Stärke und Entschlossenheit zeigen und vor allem entsprechend ausgestattet sein. Jedoch ...", er hob den Finger und blickte das um ihn versammelte Team an, während er sich gedanklich die Notiz machte, beim nächsten Mal vorher die bevorzugte Arbeitsweise des Sarge zu bedenken, bevor er entsprechende Befehle raus gab.

"Wir sollten bei der ganzen Sache bedenken, dass wir primär erst einmal an die Drahtzieher des Diebstahls heran kommen müssen. Ich denke nicht, dass es für uns produktiv wäre, erst dort klar Schiff zu machen und dann zu fragen. Deswegen meinte ich, dass wir zuerst ein wenig unauffälliger auf dem Markt starten sollten, bevor wir alle Personen, die wir brauchen werden vertreiben. Oder schränkt es ihr professionelles Einsatzteam zu sehr in ihrer Arbeit ein?"

Broxter versteifte sich noch ein wenig bei den Worten Porters. Irrte er sich oder war der letzte Satz des Commanders eine Herausforderung? Nate wog die Möglichkeiten ab wie er reagieren sollte und entschied sich für die direkte Variante. Ein "Darf ich offen sprechen Commander?" fügte er dennoch kurz vor und wartete auch die Bestätigung seines Vorgesetzten ab. Im Laufe der Zeit, auf diesem zurückgebliebenen Sternhaufen, hatte es viele Gespräche zwischen ihm und dem Captain gegeben in dem das Thema Umgangformen eine Rolle spielte. Zwar hatte er nicht vor irgendetwas zu sagen was in irgendeiner Form respektlos sein sollte, schließlich war er Soldat durch und durch, aber die Wahrheit über manche Dinge oder Abläufe wie sie sein sollten zu sagen kam in diesem Teil der Galaxis wohl sehr nah dran. Das musste wohl in der Natur einer demokratischen, verweichlichten Kultur liegen.

"Das Marine Squad ist für militärische Eingreif- und Infiltrationsoperationen ausgebildet. Eine darüber hinaus gehende Ausbildung um verdeckte Einsätze in Feindesland beispielsweise getarnt als Unterhändler durchzuführen haben sie nicht genossen. Dies war zwar Bestandteil meiner Ausbildung bei der Imperialen Marine, aber auf meinen Vorschlag hin dies auch in Ihrem Militärapperat einzuführen bekam ich eine mehr als unfreundlich Absage mit dem Wortlaut: So etwas brauchen wir nicht.

Dank der Voraussicht Ihrer Generäle kann ich Ihnen einzig anbieten mich mit leichter", das Wort spuckte Broxter fast aus, "Bewaffnung mitzunehmen und mein Team voll ausgestattet im Hintergrund zu halten. Bei einem Gegner mit so einem weitreichenden Einfluss, in einem derart hochbrisanten Projekt so etwas durchzuziehen, sollten wir nicht auf eine Kugel mehr als nötig verzichten. Daher würde ich weiter zu einem offensiveren Vorgehen raten."

"In Ordnung", nickte Commander Porter, während er innerlich aufatmete. Er hatte sich fast schon auf mehr Widerstand seitens des Sarges eingestellt und war nun froh, dass es doch glimpflich ausgegangen war. "Ich denke, wir vier inklusive den Marines auf jederzeitigem Abruf sollten in Arman wenig Probleme haben. Schließlich sind wir auch keine Kinder von Traurigkeit. Zusätzlich haben wir den Überraschungsmoment auf unserer Seite. Heißt für uns, schnell rein, die Verantwortlichen finden und aufräumen."

Er vermied es, beim letzten Wort Mister Broxter anzusehen, stattdessen wechselte sein Blick zwischen van Haften und Azare hin und her.

"Sind sonst noch irgendwelche Fragen? Ansonsten sehen wir uns ausgerüstet in 40 Minuten an Bord der Nighthawk."

Kay schüttelte den Kopf und nachdem van Haften ebenfalls verneinte löste sich die kleine Gruppe mit einem knappen Nicken auf um ihren Vorbereitungen nachzugehen.

Beim Verlassen der Messe viel der Blick der Ingenieurin noch einmal nachdenklich auf den Captain der sich noch mit Mr Ex unterhielt, dann jedoch hackte sie das Thema endgültig ab und begann sich ihre geistigen Notizen zu machen was sie an Material für ihre Mission brauchen würde.